In Daniela Dröschers „Lügen über meine Mutter“ erfahren wir mehr über die Kindheit einer mittlerweile erwachsenen Frau im Deutschland der 80er Jahre. Sie erzählt vom Aufwachsen in einem patriarchalischen Haushalt, in dem die eigene Mutter unterdrückt und nicht unterstützt wird und starker Fettfeindlichkeit ausgesetzt ist.
Der Klappentext klang interessant, wobei ich nicht erwartet habe, dass das Buch eine so starke Sogwirkung entwickelt - durch die genauen Erzählungen des Mädchens musste ich immer weiter lesen. Die Emotionen werden einem sehr nah gebracht, man kann gar nicht anders, als mitzufühlen.
Der psychische Missbrauch, den die Mutter im Buch erfährt, ist enorm, vor allem aber fand ich interessant und sehr gut beschrieben, was ein toxisches Umfeld mit einem Kind anrichten kann. Dass Lügen, die wir Kindern erzählen oder sie darum bitten, für Erwachsene zu lügen oder bestimmte Sachen zu verheimlichen, die Kinder stark belasten und an ihnen nagen. Man bedenkt bei Streitigkeiten unter Erwachsenen häufig nicht, was sich Kinder dabei denken, ob sie Angst haben oder sich weitreichende Folgen dazu denken.
Im Buch wird nach jedem „Kinder“-Kapitel die erwachsene Sicht der Protagonistin erzählt - ich finde, dass dieser Aufbau nochmal zeigt, wie man im Erwachsenenalter Geschehenes verarbeitet. Man neigt dazu, den Eltern oder Umständen an den schlechten Geschehnissen in der Kindheit die Schuld zu geben - was in diesem Fall durch die Toxizität gegeben ist - jedoch sollte man dabei immer daran denken, dass auch Eltern, sei es Mutter oder Vater, ihre eigenen „Päckchen“ mit psychischen Problemen und Traumata mit sich tragen und daher vielleicht nicht die beste Variante ihres Elternseins in dem Moment sein können. Was für Kinder eine weitere psychische Belastung bedeutet, da sie häufig parentifiziert werden und so ihre Kindheit nicht ausleben können und dadurch schwierige oder schlechte Eltern-Kind-Beziehungen ausbilden.
Daniela Dröscher ist mit diesem Buch ein sehr flüssig zu lesendes, einnehmendes und beklemmendes Buch gelungen, das auch noch heute aktuelle Thematiken anspricht.
5 von 5 Sternen.