Ein modernes Märchen

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badwolf Avatar

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Mein langer Weg nach Hause, ist eine bemerkenswerte Geschichte, oder viel mehr die Biographie des jungen Mannes Saroo, der vor 25 Jahren in Indien verloren ging. Die Aufmachung des Buches hat mir gut gefallen. Das Cover ist in warmen, indisch typischen Gelbtönen gehalten und hat als Blickfang ein Farbfoto des etwa 6 Jahre alten Saroo aufgedruckt. Die Story an sich ist untergliedert in 16 Abschnitten, inklusive Prolog, Epilog und Danksagung. Klappt man das Buch auf sieht man zuerst allerlei Fotos mit Bildunterschriften. Auf den lezten beiden Seiten ist ein Teil einer Indienkarte abgedruckt. Sie enthält die Markierungen der Zugstrecken die Saroo als kleiner Junge zurück gelegt hat. In der Mitte enthält des Buch nochmachmal 8 Seiten mit Farbfotos und anderen Skizzen.

Die Geschichte beginnt mit einem kurzen Prolog und steigt dann in die Erinnerungen ein, an die sich Saroo als 5 Jahre alter Junge erinnern kann. Als Leser erfährt man die Familiengeschiche grob angerissen, derer Familie in die Saroo hinein geboren wurde. Zusammen mit Mutter, zwei älteren Brüdern und einer jüngeren Schwester, lebt er in sehr armen Verhältnissen. Alle zusammen bewohnen sie eine bruchfällige Lehmhütte mit Lehmboden und nur einem Zimmer. Die Mutter ist oft unterwegs und sogar Tage fort, weil sie auf einer Baustelle als Steinträgerin arbeitet. Die Kinder sind meist auf sich allein gestellt und der jeweils Ältere für seinen jüngeren Bruder oder Schwester verantwortlich. So ist also auch Saroo bereits mit seinen 5 Jahren verantwortlich für seine jüngere Schwester. Gleichzeitig blickt er voller Stolz auf seine Brüder auf, die sich durch betteln oder Gelegenheitsjobs Geld verdienen um die Familie zu unterstützen. Auch sie sind oft und lange fort. Doch meist reicht alles arbeiten oder betteln zum leben nicht aus. Eines Tages beschliesst Saroos ältester Bruder Guddu wieder zum nächst grösseren Bahnhof aufzubrechen. Dort ist man, was das betteln betrifft, ein wenig erfolgreicher. Saroo möchte unbedingt mit und so verschwinden die beiden Jungs, mit dem Gedanken bald wieder zurück zu sein. Doch dann passiert das tragische. Saroo geht verloren und wie der Klappentext verrät wird der fünfjährige durch einen dramatischen Zufall von seiner Familie getrennt. Doch möchte ich meinen das es sich hierbei nicht um ein Zufall handelt. Ich möchte an dieser Stelle nicht der Geschichte vorgreifen und erzählen wie es dazu kam das Saroo in Kalkutta landete. Aber eins steht fest, Dramatisch ja, Zufall nein.

In Kalkutta angekommen schlägt er sich allein durch. Seine Verständigung klappt kaum, da sein Verständniss für die Aussprache wie beispielsweise des Heimatortes falsch ist, wie er in 25 Jahren selbst feststellen wird. Wochenlang lebt er auf der Straße und erlebt schreckliche Dinge. Für mich als Mutter eines 4 Jahre alten Sohnen ist es unglaublich schwer gewesen die Seiten zu lesen, ohne dass sie mich nicht kalt liessen. Es berührte mich sehr, und das Wissen darum, das es heute noch in Indien oder anderen Ländern genauso zugeht wie Saroo es erlebt hat, muss erstmal verdaut werden. Sicher, es gibt viel Elend auf dieser Welt und man selbst weiß das es mehr als genug Kinder gibt die auf sich allein gestellt sind ums nackte Überleben kämpfen, aber genau dass zu lesen, mit Gedanken und Tagesabläufen eines kleinen Jungen, ist doch noch was anderes. Teilweise konnte ich mir bildlich vorstellen wie der kleine Junge mit seinen schwarzen schmuddeligen Shorts und dreckigen kaputten weißem Hemd durch Kalkutta lief.

Dem Karma sei Dank oder hier wirklich dem Zufall geschuldet landet er im Waisenhaus und wird nur knappe 5 Monate später von einem australischen Paar adoptiert. Er wuchs dort in sehr guten Verhältnissen auf und macht sich über 20 Jahre später daran, seine Familie zu finden. Das entpuppt sich schwieriger als gedacht, denn er hat kaum Anhaltspunkte und auch die Städtenamen die er noch in Erinnerung hat, gibt es in Indien nicht. Dank Google Earth und einer monatelangen, zeitintensiven Suche findert er schließlich sein Heimatdorf. Mein Respekt an die Freundin von Saroo die es aus Liebe zu ihm geduldet hat, das er über Monate hinweg eine innigere Beziehung zu seinem Pc hatte.

Das Buch hat mir sehr gefallen. Der Schreibstil ist flüssig und verständlich. Ich habe es an nur 2 Tagen durch gelesen, da es mich doch sehr gefesselt hat. Ich vergebe hier volle Punktzahl.