Detailliertes Familienporträt

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Pakistan: ein Land voller politischer Unruhen und Umwälzungen, in dem immer noch ein streng hierarchisches Kastensystem herrscht; ein Land der traditionellen Feste, in dem das gesamte Leben stark von der Religion geprägt ist. Ein Land, das in den Nachrichten hauptsächlich Schlagzeilen durch Bombenanschläge macht. Dies ist der Schauplatz für das Buch „Meister der Wünsche“, dem Debütroman des in Pakistan geborenen Autors Ali Sethi.

In ihm erzählt der junge Zaki Shirazi vom Leben seiner Familie. Nach Jahren des Studiums in den USA kehrt Zaki in seine Heimat zurück, um bei der Hochzeit seiner Cousine Samar Api dabei zu sein. Vaterlos von seiner Großmutter aufgezogen, wuchs Zaki mit Samar Api zusammen in einem Haus auf, wodurch sich zwischen den beiden eine tiefe Freundschaft entwickelte. Und während die Hochzeitsgesellschaft nun auf die Ankunft des Bräutigams wartet, schwelgt Zaki in alten Erinnerungen und schildert dabei die Vergangenheit der einzelnen Familienmitglieder. Er erzählt von seiner in ihren Ansichten eher konservativen Großmutter Daadi, die die Kämpfe zwischen Hindus und Moslems in Pakistan miterlebt hat; er erzählt von seiner Mutter, die für die Rechte der Frau eintritt und sich als Journalistin aktiv engagiert, so dass die Erziehung ihres Sohnes an dessen Großmutter hängenblieb; und er erzählt von seiner selbstbewussten, rebellischen Cousine, die schwer verliebt in einen Jungen ist, der jedoch nicht bereit zu sein scheint, sie zu heiraten.

Diese einzelnen Episoden im Leben der verschiedenen Personen verknüpft der Autor zu einem umfassenden, detaillierten Familienporträt und vermittelt dadurch die Kultur dieses Landes, sowie die Rolle der Frau in Pakistan, ohne dabei Klischees zu bedienen oder zu verurteilen. Durch die unterschiedlichen Einstellungen und Ansichten der Familienmitglieder, besonders der Großmutter Daadi und deren Schwiegertochter Zakia, bekommt man mehr als nur eine Meinung zum bestehenden System, zur Regierung und den religiös beeinflussten Gesetzen vermittelt, wodurch sich der Autor der Aufklärung seiner eigenen Einstellungen gekonnt entzieht.

Was das Lesen etwas erschwert hat, war der nicht chronologische Zeitverlauf der Erzählung. Zaki springt in seinen Schilderungen der Erlebnisse seiner Familienmitglieder in der Zeit hin und her. Dank fehlender Zeitangaben kann man sich nur aus Hinweisen auf die momentane politische Situation ein Bild darüber machen, in welchem Jahr die Handlung gerade spielt. Wenn man nicht allzu viel über die Geschichte Pakistans weiß, kann das anfangs etwas Probleme bereiten. Man gewöhnt sich jedoch an diesen Stil.

Leider erschien mir die Geschichte zeitweise auch etwas gefühlsarm: beispielsweise die Liebesgeschichte zwischen Zakis Eltern wirkte auf mich sehr oberflächlich und hätte für meinen Geschmack etwas tiefgreifender und gefühlvoller geschildert werden können. Und da die Handlung auch auf keinen Höhepunkt hin arbeitet, fehlt es dem Buch leider etwas an Spannung.
Wie viel von dieser Geschichte insgesamt autobiografisch ist, kann ich leider nicht beurteilen, obwohl man als Leser durchaus Parallelen zum Leben des Autors feststellen kann.

Mein Fazit: „Meister der Wünsche“ ist ein lehrreiches Buch über Pakistan und seine Kultur, dem es leider etwas an Spannung und Gefühl fehlt. Trotzdem eine Leseempfehlung von mir!