Pakistanische Familien- und Entwicklungsgeschichte

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**Ein junger Mann, Zaki, kehrt nach längerem Aufenthalt in Amerika, wo er lebt und studiert, in seine Heimat, das pakistanische Lahore, zurück. Anlass ist die Hochzeit seiner mit ihm aufgewachsenen Cousine. Es sind die Minuten vor der Ankunft des Bräutigams, die Zaki bei der Braut verbringt, er schaut aus dem Fenster, und in diesem Augenblick erzählt er uns Lesern seine Geschichte, die in weiten Teilen auch die seiner Cousine Samar Api ist. Zaki wächst vaterlos auf, sein Vater verunglückt bei einem Probeflug der pakistanischen Airforce. Das gestattet dem Autor, den Blick auf die Frauen der Familie zu focussieren. Da ist einmal die moderne Mutter Zakia, die eine Frauenzeitschrift gründet und leitet ( Parallele aus dem Leben des Autors, dessen Familie mütterlicherseits den pakistanischen "Spiegel" besitzt, bei dem die Eltern als Redakteure arbeiten), rebellisch und weitgehend unangepasst. Da ist noch Daadi, die Großmutter, die um den verunglückten Sohn trauert und die Erziehung nicht nur Zakis, sondern auch Samar Apis übernimmt. Deren Mutter Chhoti ist mit einem Landbesitzer verheiratet worden und erlebt nun die repressive Behandlung, der wohl viele Frauen Pakistans ausgesetzt sind. Ihr Leben verläuft in sehr engen Grenzen, die von Mann und Schwägerinnen gesteckt werden. Diesem Einfluss möchte sie ihre Tochter Samar Api entziehen und gibt sie deshalb zu ihrer Schwester ins aufgeschlossene Lahore. So kann der Autor uns drei sehr unterschiedliche Lebensformen dreier sehr unterschiedlicher Frauen zeigen. Immer wieder erstaunt, wie frei doch auch ein Teil der Frauen dort leben können oder konnten, bevor die Islamisierung auch in Pakistan um sich griff. Inwieweit das Leben der Frauen tatsächlich repräsentativ ist, vermag ich nicht zu beurteilen. Politische Entwicklungen kommen im Roman vor, aber werden eher beiläufig erwähnt, so dass man vieles bei Interesse nachschlagen muss. Die Jugend Pakistans scheint jedenfalls die gleichen Interessen und Probleme wie überall auf der Welt zu haben. Die sehr traditionell gehaltene Erzählung überzeugt durch eine angenehme Sprache, stimmungsvolle Schilderungen und viele interessante Details über das Leben in Pakistan. Der zweite Teil - Samar Api wird, nachdem ihr "allzu freizügige" Lebensstil bekannt geworden ist, wieder nach Hause aufs Land geholt, Zaki besucht erst einige Eliteschulen um dann zum Studium nach Amerika zu gehen - fällt wesentlich knapper und für mich enttäuschender aus. Weder hat mich das Schülerleben mit seinen Freundschaftsintrigen, noch das Ankommen im so fernen Amerika wirklich interessieren noch überzeugen können. Das macht aber den positiven Eindruck des längeren ersten Teils nicht zunichte. Hier habe ich auf interessante, einfühlsame Weise neues über ein mir ziemlich fremdes Leben und Land erfahren.**