Viel Flair und Lokalkolorit

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pmelittam Avatar

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Berlin, 1926: Im Löwenkäfig eines Zirkus wird ein Toter gefunden, offenbar lebend dem Löwen zum Fraß vorgeworfen. Wer ist der Tote und wer könnte seinen Tod auf diese Weise gewollt haben? Martin Forster, der mit den Ermittlungen des Falls betraut wird, hat damit keine leichte Aufgabe, vor allem, als sich herausstellt, dass die Ringvereine (Berliner Kriminellenvereinigungen jener Zeit) involviert sind.

Der Fall an sich, sowie die Ermittlungsarbeiten, kann man nicht als besonders spannend bezeichnen, das ist es aber auch nicht, was den Roman besonders macht. Für mich atmet er den Flair jener Zeit aus jeder Zeile und strotzt darüber hinaus nur so vor Lokalkolorit, ich fühle mich mitten im Berlin der Zwanziger Jahre.

Dazu bei trägt vor allem, dass der Autor einige historische Persönlichkeiten, z. B. Ernst Gennat mit seinen Torten und seinem Mordauto, sowie Geschehnisse jener Zeit, wie z. B. der Volksentscheid über die Fürstenenteignung, mit einflicht, auch die Ringvereine hat es wirklich gegeben, ebenso wie den übermäßigen Kokainkonsum und das Lokal Aschinger. Und auch sonst findet man eine Menge Anspielungen. Sehr schön auch, dass Wörter der damaligen Zeit verwendet werden, da wird z. B. von Halbseidenen, Kontrollmädchen oder Kanaille gesprochen.

Auch wenn es dem Fall etwas an Spannung mangelt, ist er doch interessant, die Ermittlungsarbeit wird gut aufgezeigt und die Auflösung logisch hergeleitet.

Die Charaktere lernt man gut kennen, vor allem Martin Forster, aus dessen Perspektive erzählt wird. Mir ist er sympathisch, auch wenn (oder vielleicht auch gerade weil) er manchmal etwas unkonventionell handelt.

Der Roman ist Teil einer dreiteiligen Reihe „Metropolis Berlin“, über die Zwanziger Jahre in Berlin. Die drei (jeweils in sich abgeschlossenen) Romane sind miteinander verknüpft, bei einigen Textstellen hat man die Möglichkeit über ein eingefügtes Symbol zu einer Leseprobe eines der anderen Romane zu springen, in dem die Szene aus einer anderen Perspektive beschrieben wird. Mir gefällt das sehr gut, zumal man dadurch noch ein bisschen mehr erfährt, als man nur durch den einen Roman erfahren hätte. Die beiden anderen Romane ruhen bereits auf meinem Reader, ich freue mich schon darauf, sie zu lesen.

Ein sehr empfehlenswerter Roman, der einen in das Berlin der Zwanziger Jahre versetzt und gleichzeitig einen interessanten Kriminalfall erzählt.