Wer sind die Guten, wer die Bösen?

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gisel Avatar

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Vor vier Jahren wurde Nathalie mit 12 Jahren entführt, nun kehrt sie zurück in ihre Familie. Doch sie verrät nicht, wo sie sich in diesen vier Jahren aufgehalten hat, sondern hält eisern dicht sowohl bei der Polizei wie auch in ihrer Familie. Sie allein kennt die Hintergründe, warum sie das tut. Erst ihrem Mitschüler Jan, in den sie sich verliebt, erzählt sie nach und nach, warum sie in Lebensgefahr ist und warum sie schweigt. Dadurch erfährt auch der Leser, was ihr in diesen vier Jahren geschehen ist, leidet und hofft mit ihr.
Etwas ärgerlich sind die vielen Rechtschreibfehler, die sich im Text verstecken, und auch mancher Satz kommt etwas schwerfällig daher, so dass ich zweimal nachlesen musste und dadurch aus dem Lesefluss kam. Ansonsten aber verbirgt sich hinter der Geschichte ein interessanter Wissenschaftsthriller, der sich um die Droge Mindexx spannt. Dieses Mittel erhöht die Lern- und Merkfähigkeit aufs Höchste, hat aber allerdings einige schwerwiegende Nebenwirkungen. Sie ist jedoch die Basis, auf der sich die Geschäfte der Firma Personal Mail stützen, und wer zur Firma gehört, der hat zunächst ein hartes Training hinter sich, gehört dann aber zur „Familie“.
Manches in der Erzählung ist nicht ganz glaubwürdig, auch Nathalies Erleben ist nicht immer kongruent, und nicht alles lässt sich mit dem Stockholm-Syndrom erklären. Doch die Geschichte hält den Leser gefangen in den verschiedensten Fragen, die damit die Handlung immer weiter vorantreiben: Was ist mit Nathalie geschehen? Wer sind die Guten, wer sind die Bösen? Warum schützt Nathalie mit größter Überzeugung ihre Entführer? Wer hat es auf ihre Leben abgesehen? Das erzeugt eine ungeheuere Spannung, so dass der Leser auf jeder Seite weiterfiebert, wohin die Erzählung geht.
Obwohl ich nichts weiter dazu gefunden habe, gehe ich davon aus, dass dies der Auftakt zu einer Reihe ist, denn einige Handlungsfäden bleiben über den Schluss hinaus offen. Während das Buch bei vorablesen und im Verlag als Jugendbuch geführt wird, enthält der Titel des Buches den Zusatz „Thriller“ und weckt dadurch zu hohe Erwartungen. Insgesamt ein ordentliches Erstlingswerk mit genügend Potential zu einer (hoffentlich besser überarbeiteten) Fortsetzung.