Verschenktes Potenzial

Voller Stern Voller Stern Leerer Stern Leerer Stern Leerer Stern
chrystally Avatar

Von

Ich habe lange gezögert, diese Rezension zu schreiben. Der Grund ist, dass „Monoloco“ von Susann Blum einige wirklich schöne Aspekte beinhaltet, ich insgesamt aber nicht mit dem Buch warm geworden bin. Angezogen hat mich als allererstes das zauberhafte Cover, das sphärische Türkis und das surreale Motiv. Auch der Plot hat mich neugierig gemacht: Was passiert an diesem Abend in der Bar zwischen den beiden Cliquen? Und wovor und wie können sie den verschwundenen Freund retten? Tatsächlich fand ich die Geschichte dann auch größtenteils spannend und ich habe mitgefiebert. Die Figuren, vor allem die Frauen, waren sympathisch und jede als Charakter überzeugend. Auch der biografische Hintergrund der Autorin gibt dem Buch einen besonderen Reiz
Leider gab es einige Wermutstropfen: Zum einen hat mich vieles der Handlung einfach im Detail nicht überzeugt. Schon dass Mailyn „ganz aus Versehen“ eine sehr anzügliche SMS an eine Nummer aus ihrem Telefonbuch schickt, weil sie einen Text an die falsche Stelle kopiert, fand ich furchtbar konstruiert, und so ging es leider weiter. Das Barkonzept mit den „Mutproben“ fand ich total wirr und unglaubwürdig, tiefsinnige Konversationskartenfragen passen einfach nicht zu einer Tikibar. Plötzlich sind die sich gerade noch fremden Menschen in einer tiefgründigen, höchst persönlichen Unterhaltung, ohne dass nachfühlbar wird, was diese plötzliche Offenheit ausgelöst hat. Diese Entwicklung hat mir gefehlt. Dazu kam die Eindimensionalität von Mailyns Partner und ihrer Beziehung. Und was ist eigentlich genau der „Zufall“, der im Untertitel beschworen wird?
Neben diesen inhaltlichen Aspekten fand ich leider auch den Schreibstil unprofessionell. Handys wurden in konsequentem Teenie-Sprech als „Phone“ bezeichnet, und in den Dialogen wechselten Beschreibungen („sagte“, „warf ein“…) mit neutralen „Regieanweisung“ vor den Aussagen („Sam:“) – anderen Leser*innen ist das bestimmt egal, mich persönlich hat es gestört – da erwarte ich mehr Eleganz von Text.
Insgesamt ist die Geschichte voller guter Ideen, das Buch bleibt aber deutlich hinter seinem Potenzial zurück.