Mopsfidele Chance verpasst

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ichgebäre Avatar

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WORUM GEHT ES?
Wie der Name schon sagt: Mops und Fidel suchen ihren Papa. Die beiden sind Frischlinge, also Wildschweinjuntiere. Aufgrund gewisser Eigenheiten fragen sie sich, wer wohl ihr Papa sein könnte. Sie stellen fest: Das Eichhörnchen ist zu klein, das Reh hat zu lange Beine und der Bär ist zu groß.

Als sie fast schon aufgeben wollen, taucht ihr Papa auf. Dann findet auch die Bache die beiden Frischlinge wieder. So sind alle vier glücklich vereint und Papa verspricht, ab jetzt für Mops und Fidel da zu sein.

MEINE MEINUNG:
Um es kurz zu machen: Hier wurde eine Chance verpasst. Mops und Fidel kommen "auf ihren Vater", sagt die Mutter, als die Jungtiere nicht selber Futter suchen wollen. Weil sie den besagten Vater noch nie gesehen haben, machen sie sich auf die Suche.

Es geht um eine für Kinder wie Erwachsene essentielle Frage: Wo gehöre ich hin? Was ist meine Rolle im großen Ganzen? Wo ist mein Platz? Und was macht mich als Person eigentlich aus?

Natürlich liegt es nah, erstmal auf Äußerlichkeiten zu schauen. Vierbeiner, Streifen, Grunzen -- was macht ein Wildschwein aus!? Dennoch hätte ich hier mehr erwartet. Frischlinge sehen eben nicht ganz genau wie ausgewachsene Wildschweine aus. Die Streifen verschwinden. Das hätte sich wunderbar nutzen lassen, um zu zeigen, dass wir alle uns im Laufe des Lebens verändern.

Viel unzufriedener machte mich allerdings das Familienbild, das im Buch transportiert wird. Ich habe überhaupt kein Problem damit, Kindern zu erklären, dass Tiere anders leben als wir Menschen. "Bei Wildschweinen ist es so, dass die Keiler nicht unbedingt mit den Bachen zusammenleben." Das ist auch für Kinder verständlich. Warum aber ist der Papa denn weg? Ich hätte mir gewünscht, dass diese Frage im Buch nicht nur gestellt, sondern auch ehrlich beantwortet wird.

Stattdessen ist alles tippi-toppi, als Mops und Fidel Papa finden und von Mama gefunden werden. Papa gibt sich geläutert und verspricht, ab jetzt da zu sein für die Familie. Für Mama ist das auch total okay.

Was bitte vermitteln wir denn Kindern hiermit? Am Anfang des Buches lässt die Bache einen abfälligen Spruch über den abwesenden Vater los; am Ende himmelt sie ihn mit ihren langen Wimpern an und akzeptiert ohne Umschweife, dass er jetzt da ist.

Diese Entwicklung wird weder der Frage gerecht, warum Papa denn weg war, noch wird hinreichend der Sinneswandel erklärt. Der Herr Vater macht es einfach so, wie er will, und der Rest akzeptiert das so.

Wie vorhin bereits angesprochen tragen auch die Bilder zu diesem Stereotyp bei. Die Bache hat extrem lange Wimpern und bedenkt den Keiler mit einem liebevollen, fast hätte ich gesagt: erotischen, Augenaufschlag.

Dass Frauen und Weibchen auf ihr Äußeres achten sollen, vermittelt auch das Reh, das klarstellt: Es ist eine Dame. Und es hat wunderbar schlanke Beine.

FAZIT:
Viele Bilder im Buch sind liebevoll und detailreich gezeichnet. Das ist sicherlich ein Pluspunkt. Mein Nachwuchs fand das Buch okay, aber nichts besonderes. Das kommt mir gelegen, denn ich werde es ziemlich schnell in den Tiefen des Bücherregals verschwinden lassen.

Die Autorin verpasst mit dem Buch die Gelegenheit, kindgerecht über die tiefe Frage der persönlichen Zugehörigkeit nachzudenken. Stattdessen bedient sie Klischees und klärt weder über Lebensgewohnheiten von Tieren auf, noch lässt sie die Charaktere sinnvoll über ihre persönlichen Rollen nachdenken. Es wird nicht deutlich, dass wir alle unterschiedlich sind, dass wir alle uns verändern und dass wir dennoch Teil von etwas Größerem sind -- egal, ob auf den ersten Blick sichtbar oder nicht.

Schade, Chance verpasst.