Krimi aus Südafrika

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singstar72 Avatar

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Südafrika als Krimiland war mir neu – dementsprechend sah ich diesem Buch mit Spannung entgegen. Bekommen habe ich eine durchaus packende Geschichte, die ich dennoch, aus stilistischen und dramaturgischen Gründen, eher im Mittelfeld ansiedeln möchte. Ich stehe Buch und Autor positiv gegenüber – jubele aber nicht.

Zuerst einmal hat mich überrascht, dass dies schon der fünfte Band einer Reihe ist. Sowohl vom Autor als auch von der Reihe hatte ich bisher noch nie gehört. Man merkt es dem Buch als solchem aber nicht an. Die Handlung steht für sich allein. Nur an ein oder zwei Stellen wird flüchtig auf frühere Geschehnisse Bezug genommen.

Zum Positiven: der Autor hat erkennbar selber in Südafrika gelebt. Er macht dem Leser diverse Themen deutlich, zum Beispiel den Kontrast zwischen Arm und Reich, die Kriminalität, die eher laxe Einstellung zu westlichen „Tugenden“ wie Pünktlichkeit und Effizienz, und etliches mehr. Auch die Natur sowie die Ausflugsziele hat er ansprechend geschildert.

Auch die Grundidee für die Handlung ist gut. Auf Mitglieder einer Bürgerrechtsbewegung werden nacheinander Anschläge verübt. Und ein deutscher Wissenschaftler wird nach Südafrika geschickt, um die Tochter eines Freundes aus diesen Kreisen zu retten. Es geht um politischen Einfluss, Hausbesetzung, soziale Gerechtigkeit. Aber eben auch darum, wer wirklich die Macht hat im Land – das ist oft weder die Regierung, noch die Wirtschaft, sondern einfach der, der sie sich unter den Nagel reißt. In diesem Fall eine einflussreiche Familie.

Skeptisch wurde ich, als auch noch ein militärisches Thema hinzukam. (Ohne zu spoilern, kann ich natürlich nicht näher darauf eingehen!) Ich persönlich finde, dieser Handlungsstrang hätte nicht sein müssen. Ich vermute, in diesem Teil der Handlung hat der Autor eigene Spezialkenntnisse verarbeitet. Wirklich organisch verbunden hat sich das aber meines Erachtens nicht mit dem Krimi. Es war ein wenig „too much“. Obwohl generell nicht unspannend.

Generell erschienen mir einige Elemente der Handlung an den sprichwörtlichen Haaren herbeigezogen. Würde wirklich ein Deutscher in Südafrika aufgrund eines nächtlichen Anrufs gemeinsam mit Anderen auf Verbrecherjagd gehen…? Einfach so…? Und wie genau der letztendliche Täter in den Besitz der Waffe gekommen ist, wurde mir auch nicht ganz klar.

Die Rolle der Hauptfigur, des Wissenschaftlers Frank Sattler, ist mir persönlich auch nicht ganz logisch nachvollziehbar vorgekommen. Ich glaube nicht, dass sich ein Gutachter im realen Leben auf Verbrecherjagd begeben würde! Spätestens nach dem ersten Todesopfer hätte ich fluchtartig das Land verlassen. Das wäre mir eine Nummer zu groß gewesen.

Nun ja, in der Hauptfigur hat sich der Autor wohl selbst porträtiert. Denn man erfährt aus dem Klappentext, dass auch er eigentlich Wissenschaftler ist. Und in Südafrika gelebt hat. Insofern deute ich die Rolle Frank Sattlers im Krimi als eine Art „Phantasie“, die sich der Autor gegönnt hat – selber einmal in einen spannenden Fall verwickelt zu werden.

Als letzten Kritikpunkt möchte ich die Dialoge anführen, die mir oft ein wenig hölzern erschienen. So würde doch kein Mensch reden! Erst recht nicht unter Stress! Die Dialoge waren oft erkennbar nur „für den Leser“ erstellt worden, um Zusammenhänge zu klären. Das klang oft ein wenig „verkopft“. Und es wird oft auch nicht klar, in welcher Sprache sich die Personen eigentlich unterhalten. Frank Sattler führt sofort recht ungezwungene, teils lockere Unterhaltungen mit Aktivisten und Polizisten. Aber in welcher Sprache eigentlich? Auf Deutsch? Oder Englisch? Oder isiZulu, das die Einheimischen wohl sprechen, wie an verschiedenen Stellen angemerkt wird…?
Insgesamt hat mir das Buch allerdings schon gefallen. Es wird getragen von einer erkennbaren Liebe zu Südafrika, und hat viel Spannungspotenzial geboten. Da ist aber aus meiner Sicht noch deutlich „Luft nach oben“. Ich verleihe wohlmeinende drei Sterne.