Dan Wells - Mr. Monster

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asmos Avatar

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Ich war gestern doch recht überrascht, wie schnell ich das Buch durchhatte. Normalerweise spricht das eindeutig für den Autor und die Geschichte, in diesem Falle kann ich allerdings nicht behaupten, dass mich irgendetwas besonders vom Hocker gehauen hätte. Trotzdem blieb das Buch ein gutes Gesamtpacket, das mich am Ball gehalten hat.

Dan Wells hat mit der Reihe eine gute Schneise zwischen realem Thriller und Fantasyeinschlag geschlagen. Eine, die man nicht vermutet, wenn man es nicht bereits aus dem ersten Band kennt. Selbst Johns eindeutige Schilderungen im Anfangsstadium des Buches lassen mehr vermuten, dass er einfach etwas verrückter als gedacht ist, und weniger, dass es sich tatsächlich um ein Werk im Schattenbereich der Fantasy handelt. Vielleicht hätte mich dieses Wissen von Anfang an von den Büchern fern gehalten, da ich mich gerne bewusst für ein Genre entscheide und es dann in vollen Zügen genieße und weniger mit diesem ganzen Mischmasch anfangen kann. Im Nachhinein bereue ich meine Wahl jedoch nicht. Seltsamerweise.

Ich fand John als Charakter sympathisch. Nicht sympathisch auf eine Weise, die mir ähnlich wäre. Gott bewahre. Wobei... vielleicht ja doch ein klein wenig. Mehr geht es um seine tägliche Neueinschätzung über Gut und Böse. Dinge, über die man sich als normaler Mensch wenige bis überhaupt keine Gedanken macht. Ich begegne Dingen, Menschen und Situationen, die ich ohne groß zu überlegen in eine der beiden Schubladen stecke. Für besondere Gelegenheiten gibt es noch einige wenige Grauschubladen. Aber über den Daumen gepellt schert man sich nicht groß um diese Einteilung, man vertraut auf seinen gesunden Menschenverstand, auch wenn dieser von außen vielleicht oftmals in Frage gestellt wird. Denn bekanntlich sind die Grenzen für die Gut-Böse-Einteilung von Mensch zu Mensch unterschiedlich. Die Tolleranzgrenze verschiebbar.
John gehört somit zu den wenigen Menschen, die diese Einteilung bewusst wahrnehmen, eben weil er von Haus aus nicht darauf vertrauen kann, dass sein Kopf eine einigermaßen vernünftige Einteilung selbst auf die Reihe bekommt. So erlebt er viele Situationen weitaus bewusster, als es ein herkömmlicher Mensch tut. Ich hätte auf den am Boden liegenden Mann so lange eingeschlagen, bis er tot gewesen wäre. Das Risiko, dass dieser Mistkerl noch einmal aufsteht, wäre es mir nicht wert gewesen zumindest zu versuchen nicht zu morden. Ebenfalls wäre es für mich wahrscheinlich außer Frage gestanden jemandem, der einem Freund oder einem Familienmitglied Schaden zufügt, zumindest mal einen kräftigen Tritt in den Bauch oder einen anständigen Fausschlag auf die Nase zu verpassern, wenn ich denn die Gelegenheit dazu bekomme. Einfach der Gerechtigkeit wegen. Ich hätte ihn sicher nicht umgebracht, aber für mich wäre diese Entscheidung in die Sparte 'logisch' gefallen. Ich hätte mir da nicht großartig den Kopf darüber zerbrochen, dass ich ihm gar nichts tun darf oder ihn doch ein wenig quälen soll. Für mich gibt es eine klare Grenze zwischen ein wenig Rache und der [grausamen] Ermordung einer Person. Deshalb bewundere ich den Hauptchara bis zu einem gewissen Punkt. Ein wenig hat es mich gestört, dass er dadurch doch auch gewisse Risiken eingegangen ist, ebenso dass John eher sich selbst die Schuld gibt jemanden nicht gerettet zu haben, als die Schuld bei dem zu suchen, der das Leben dieser Person mutwillig aufs Spiel gesetzt hat. Einfach aus eigener Unfähigkeit heraus oder emotionaler Überreaktion.

John ist im Laufe dieses Buches gewachsen, ist reifer geworden. Hat nicht zuletzt auch seine eigenen Regeln etwas gelockert, um mehr Mensch zu werden, wenngleich nicht bewusst. Während mich seine verbohrten Regeln zu Anfang des Buches noch gestört haben, fand ich den John im Laufe des Buches, der sich entwickelt, auch mal ein Risiko eingeht und seine Möglichkeiten nutzt, super. Ich erwarte eine vergleichbare Entwicklung im nächsten Band, auch wenn ich die Befürchtung hege, dass die Entwicklung eher rückgängig sein wird.

Man kann es einfach nicht bereuen, Dan Wells Bücher gelesen zu haben. Sie mögen nicht die eine glänzende Perle inmitten eines Haufens von Mist sein, aber eine schöne Glasmurmel tut es vielfach auch und man kann sich viele Stunden [an ihrer einfachen Schönheit] erfreuen =)