Horror und Familie

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heike lohr Avatar

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André Mumot (geboren 1979) hat sich dem Schreiben schwieriger Themen verschrieben. Vielleicht liegt das daran, dass er nach seinem Studium der Kulturwissenschaften und Ästhetischer Praxis für unterschiedliche Tageszeitungen und Magazine geschrieben hat.
2016 erschien sein Roman „Muttertag“, der in sich meines Erachtens nicht schlüssig ist. Mutterliebe hat zwar in manchen der Beziehungskonstellationen der Protagonisten eine spezielle Bedeutung, doch darum geht es nicht vorrangig. Die Entführung von Philip durch seinen Großonkel, der in Wirklichkeit nicht sein Großonkel ist, die Gefahr der Beobachter, welche die Sekte im Auge behalten müssen, und die Sekte, die einerseits Menschen mit Krankheiten (Morbus Skuratov) aus wissenschaftlichem Forschungsdrang – allerdings ohne deren Einverständnis infiziert und andererseits einem Menschenopferkult frönt, passen nicht wirklich zusammen. Philip lernt jedenfalls nach all den Jahren seinen Halbbruder kennen, der als Journalist Licht in das Dunkel dieser Sekte bringen will.
Es gibt nicht wirklich ein allwissendes Autoren-Ich im Sinne eines auktorialen Erzählers, der alles auflöst und erklärt. Es gibt eine Außenperspektive, in der alle möglichen Erzählbegebenheiten kaleidoskopartig ineinander geschoben werden. Doch sehr oft wird aus Sicht der Figuren erzählt, die völlig hilflos den Ereignissen ausgeliefert sind. Das Rätsel um Helene Schwarzer und ihre Tochter, die erst später in den Kult eintreten wird und deren Leben gerettet wurde, bleibt gewahrt. Sie ist einerseits ein Medium und gehört andererseits einer dunklen, nicht näher definierten Macht an, die wahrscheinlich seit Urzeiten Menschen kontrolliert und sie als Handlanger ihrer Taten macht.
Diese dunkle, archaische Stimme spricht durch die menschlichen Medien.
Dieses Buch erschreckt und verstört. Es steht zwischen Thriller und Horrorgeschichte, welche nicht durch rationale Erklärungen und Hoffnung, dass der Schrecken ein Ende finden wird, positiv zu enden scheint. Für alle die Horrorgeschichten lieben, ist dieses Buch eine abwechslungsreiche Lektüre.