Jahrmarkt der Eitelkeiten

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murksy Avatar

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Burchard ist ein in die Jahre gekommener Theater- und Opernregisseur. Altmodisch, stur und von seiner Linie überzeugt, stößt er so manchen Kritiker und Intendanten vor den Kopf. Er weigert sich strikt, seine Stücke in modernes Gewand zu packen, aktuelle politische Bezüge einzuflechten oder sogar Texte zu verändern.
Obwohl seine altmodische Art beim Publikum anzukommen scheint und er ein gefeierter Regisseur ist, will man ihn absägen. Ein Triumvirat aus Kritiker, Intendant und neidischem Nachfolger schmiedet jeder für sich einen Plan, den alten Kauz loszuwerden. Eines Tages ist es so weit, ihm wird gekündigt, er bekommt unverdient schlechte Kritiken und geht unfreiwillig in den letzten Abschnitt seines Lebens. Vorbei sind der Glanz vergangener Tage, keine rauschenden Empfänge (die er eh verabscheute), kein Nervenkitzel vor einer Premiere mehr oder der stürmische Applaus des Publikums. Nun plant er einen Neubeginn, verkauft seine Kunstwerke und erwirbt über den Chef eines italienischen Lokales ein Haus in Italien. Nebenbei verliebt er sich in eine jüngere Schauspielerin und gerät in brenzlige Situationen, die das Theaterspiel des Lebens abschließen.
Ein gelungenes Buch mit vielleicht stellenweise zu vielen Zutaten. Nimmt man das ganze Werl allerdings al großes Theaterspiel, greifen die Räder ineinander. Herrlich werden die Eitelkeiten und Allüren der handelnden Personen gegeneinander aufgewogen. Vom rachsüchtigen Kritiker über den geckenhaften Dirigenten, der sein Tempo dem Orchester und der genervten Besetzung aufzwängen will, bis zu den triebgesteuerten Menschen, die lustvoll die Maske des Bürgerlichen fallen lassen. Man merkt, das der Autor vom Fach ist, vielleicht sogar einen Teil Autobiographisches einfließen lässt. Wunderbar zu lesen ist der Diskurs über Sinn oder Unsinn moderner Theateraufführungen. Und der neutrale Leser kann beiden Meinungen etwas abgewinnen. Rührend und herzlich ist die Wandlung des ehemaligen Regisseurs zum Kinderbetreuer in Italien. Das sind kurze Momente der Entspannung und vielleicht das Ziel aller Beteiligten: etwas Liebe und Glück zu finden. Hitzige, humorvolle Wortduelle wechseln sich somit mit nachdenklichen Phasen ab, facettenreich gibt sich der Autor. Ein gelungenes Buch, durch seine Thematik der Oper für manchen Leser möglicherweise etwas abschreckend. Aber genau dies wäre ein Fehler, deshalb auf die kluge Analyse des Älterwerdens, der Suche nach Liebe und der Endlichkeit des Seins zu verzichten. Wir alle spielen unsere Rollen und manchmal kann man hinter die Fassade, hinter den Vorhang des gespielten Lebens sehen und entdeckt...Menschen, Menschen wie Du und ich.