Willkommen bei den Cardinals!

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Die Familie Cardinal weist stolze 23 Mitglieder auf und sorgt damit in ihrem kanadischen Heimatdorf für Aufsehen. Die ungewöhnliche Familie bildet ein in sich geschlossenes System, sie haben kaum Kontakt zu anderen Menschen aus ihrer Umgebung, wollen das auch gar nicht, vielmehr noch sind sie oft den Nachbarn gegenüber feindlich gesinnt. Der Vater entdeckt eine Erzquelle und alle hoffen auf eine schöne Geldsumme, die sie aus den kargen Lebensumständen befreit. Aber die Familie wird um den Gewinn geprellt und schmiedet einen Plan, um ihre Familienehre zu retten. Dabei verlieren sie ein Familienmitglied, dessen Tod nie thematisiert wird. Die Familienmitglieder decken den Mantel des Schweigens über diese Tragödie, um ihrem heilen Bild keinen Riss zu verpassen.

Für mich war dieser zweite Roman von Joycelyn Saucier eine herbe Enttäuschung. In erster Linie deswegen, weil ich die Geschichte völlig unglaubwürdig fand. Wie kann eine Familie mit einem derartigen Zusammenhörigkeitsgefühl einfach so tun als wäre nie eine von ihnen auf tragische Weise gestorben? Wie kann man jahrelang darüber schweigen? Wie kann es sein, dass die Wahrheit nie ans Licht kommt? Für mich war es schwer nachvollziehbar was Saucier mir da erzählt. Auch die aggressive Stimmung innerhalb der Familie, sei es gegenüber den Nachbarn oder gar untereinander, fand ich sehr unangenehm. Keine der Figuren konnte mich wirklich erreichen, keine mich überzeugen, dass die Geschehnisse einen Sinn ergeben.

Positiv jedoch ist die Art, wie die Geschichte erzählt wird. Die Familienmitglieder sehen sich nach vielen Jahren bei einem Kongress wieder. In den einzelnen Kapiteln kommen verschiedene Kinder zu Wort, die ihre Version des Unglücks erzählen. Die Geschichte wird Stück für Stück zusammengesetzt und aufgedeckt. Man erfährt auch einiges aus dem Familienleben der Cardinals. Hier hätte Saucier gern auch noch weiter ausholen können, bei 21 Kindern gäbe es vermutlich viel zu erzählen.

Alles in allem hat mich dieser Roman nicht überzeugt, vermutlich hat mir der Klappentext zuviel versprochen. Ich wünsche ihm dennoch Leser, die mehr in dieser Geschichte finden als ich.