Ein Nordirland-Thriller?

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„Northern Spy“ hat alles, was eine spannende Lektüre verspricht: Thriller, offenbar spannender Plot mit Bezügen zur IRA, von einer der renommiertesten Zeitungen der USA zum Thriller des Jahres prämiert … Erwartungen gehalten oder zu hoch gesteckt?

Flynn Berrys Geschichte handelt von der Alleinerziehenden Tessa, die in Belfast für die BBC arbeitet. Eines Tages sieht sie ihre Schwester Marian auf einem Bildschirm: Sie soll in einen Raubüberfall verwickelt sein und der IRA angehören. Weil das nicht in Tessas Bild von ihrer Schwester passt, steht sie vor schweren Entscheidungen, deren schwerste ist, ob sie sich für die Familie entscheiden soll und ob die noch aus ihrer Ursprungsfamilie und Marian besteht oder ob es nicht nur um ihren Sohn Finn gehen kann?

Kommen wir zur Frage, ob die Geschichte die Erwartungen halten konnte. Nun, dazu sei ein wenig ausgeholt: Die Geschichte spielt im Belfast der 2010er Jahre, Tessa und ihre Schwester wuchsen in einem katholischen Viertel auf, in den 1990er Jahren, als das Karfreitagsabkommen noch nicht abgeschlossen war. Gewalt ist also an der Tagesordnung. Nach dem Auszug von zu Hause entwickelt sich das Leben der beiden Schwestern jedoch in unterschiedliche Richtungen: Die eine steigt (moderat) auf, die andere schließt sich Terroristen an. Es geht also um die Gewalt in Nordirland; darum, was zum Seitenwechsel von Marian geführt hat; der Frage, ob man sich in Geschehnisse einmischt; um Ideale, Verrat, Wut – und Familie, ziemlich viel Tessas Familie Finn. Damit beginnt denn auch die Kritik: Als Thriller würde ich „Northern Spy – Die Jagd“ nicht bezeichnen, dazu ist die Handlung nicht spannend genug, sondern mehr ein Kampf Tessas mit sich und für ihren Sohn. Zudem bin ich mir mit der zeitlichen Verortung der Handlung nicht sicher, ob da nicht was verrutscht ist: Die hier teils beschriebene extreme Form von Gewalt gab es meines Wissens genau in den 10er Jahren nicht – früher ja und auch nach dem Brexit und ja, vielleicht war es eine vermeintliche Ruhe. Zumindest aber machte es mich skeptisch, ob ich der Autorin „glauben“ darf, und das ist ein Problem. Denn wenn ich mal skeptisch werde, finde ich meist noch mehr Haken. Wie etwa die eine oder andere inhaltliche Unschärfe (geografischer Natur) oder die doch sehr simple Sprache … Wäre die Geschichte in abwechslungsreicher Sprache gut erzählt gewesen, hätte ich ihr bzw. der Autorin noch verziehen. Aber so kann ich nur festhalten: Erwartungen zu hoch gesteckt, da das Buch nicht wirklich ein Thriller ist, die Situation in Nordirland falsch zu beschreiben scheint und sprachlich nichts bietet.