Die Held*innen in uns finden

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scarletta Avatar

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Ich bin zwar den Kinderschuhen entwachsen, aber auch ich wäre gerade gern eine Heldin mit Superkräften. Notfalls würde ich mir dafür auch einen enganliegenden Dress und ein Cape überstreifen, um für das Gute und den Frieden zu kämpfen. Aber das geht Euch bestimmt ähnlich…

Das Cover dieses Buches aus der Sparte der Jugendliteratur springt gleich mit einem farbstarken Statement ins Auge: Nicht alle Held*innen tragen ein Superheldencape! Der Autor Ben Brooks definiert einen Helden / eine Heldin am Anfang seines Buches sehr eindrücklich:

“Ein Held ist jemand, der in einer besseren Welt leben möchte und beschließt, selbst aktiv zu werden, um diesen Wunsch wahr zu machen. (S. 5)

Das ist eine deutliche Botschaft an die junge Leserschaft: eine Superkraft kann sich in jedem von uns verstecken. Man muss sich nur aufmachen, um sie zu entdecken und dann sinnreich einzusetzen.

Brooks hat da eine Menge Beispiele und Ideen bei der Hand und ermutigt seine Leserschaft, sich auf den Weg zu begeben, Fähigkeiten bei sich selber zu finden, die den entscheidenden Unterschied, die besondere Stärke ausmachen. Dies erläutert er zum einen in erzählerischen Texten, die er durch Illustrationen, Zitaten und großformatig akzentuierten Kernsätzen auflockert.
Sehr eindrücklich sind seine Darstellungen von Menschen, die ihre persönlichen Ziele und Vorsätze beispielsweise durch das Lesen von Büchern gefunden haben. Dort fanden sie Inspirationen oder ihren ganz persönlichen Trigger. Das waren dann die Ausgangspunkte ihrer Träume, die sie verfolgt und schließlich auch in der Realität umgesetzt haben.

Die spannenden Kurzbiographien dieser Persönlichkeiten werden in einer Art Graphic Novel dargestellt. So werden ihre Geschichten für Kinder und Jugendliche ansprechender und leicht zugänglich.
Beispiele sind Ellen McArthur, die eine bedeutende Seglerin wurde und schließlich eine gemeinnützige Organisation zur Förderung der Kreislaufwirtschaft gründete. Oder auch Joanne Liu, die Medizin studierte und heute Präsidentin der Organisation „Ärzte ohne Grenzen“ ist.

Doch ebenso ganz gewöhnliche Menschen können außergewöhnliche, heldenhafte Dinge tun. Schön ist hier die Geschichte des südkoreanischen Sportlers Choi Dae Ho, der unterwegs in Singapur eine arme, alte Frau ohne Schuhe sah und ihr spontan seine eigenen schenkte.
Hier hilft Brooks beim Erkennen, was Heldentum eigentlich ist, und was für eine tiefe innere Befriedigung es auch einem selber schenken kann, anderen Menschen und Tieren zu helfen.

Brooks entstaubt und poliert den Begriff des/der „Helden/Heldin“ in seinem Buch auf. Denn in den letzten Jahrzehnten ist er ziemlich beschädigt worden. Zweifelhafte politische Systeme missbrauchen ihn in ihrem Sinne schon sehr lange. In den sozialen Medien werden Menschen zu Helden stilisiert, weil sie unendlich viele Likes generiert haben. Vergessen wurden hingegen Held*innen, die für Menschen und Tiere so viel Gutes, Gütiges und Hilfreiches tun (Die Pandemie legte da so manches bloß.)

Deshalb ist es eigentlich wunderbar, wenn in diesem Buch Kindern Mut gemacht wird, ihr eigenes Potential zu finden und zum Guten zu verwenden. Dabei dürfen sie auch gerne groß träumen.

Fazit
Brooks führt uns hier keine Superhelden oder berühmte Persönlichkeiten vor. Es ist sehr wohltuend zu erleben, wie Kinder und Jugendliche ermutigt werden, ihre Talente und verborgenen Fähigkeiten zu entdecken. Denn die können eine Superkraft werden, um anderen zu helfen.

Man muss ja nicht gleich die ganze Welt retten. Einen kleinen Teil ein bisschen besser zu machen, ist doch schon ein wichtiger Schritt.

Brooks ist mit sehr viel Engagement unterwegs. Ich fürchtete beim Lesen nur manchmal, dass die Länge der theoretischen Texte etwas zu lang für die jungen Leser*innen sein und ihre Geduld überstrapazieren könnten.
Die Beispielgeschichten und die Graphic Novels aus dem Leben der „anderen“ Held*innen sind sehr überzeugend und mitreißend. Diesen Teil hätte ich mir noch etwas weiter ausgebaut gewünscht.

Ein empfehlenswertes Buch!