Starker Anfang, starkes Ende und etwas zu viel Drama dazwischen

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern Leerer Stern
lainybelle Avatar

Von

Worum geht's?

Lena (20) hofft sich ihrem großen Berufstraum einen Schritt näher: Ihr Praktikum in der Küche des WEST Hotel & Residences in New York soll ihr die ersten Türen öffnen.
Dass sie dann erst mal gar nicht in der Küche eingesetzt wird, sondern fegen und Wäschekammern aufräumen soll, passt ihr gar nicht. Kein Wunder, dass sie keinen Nerv für den allem Anschein nach ziemlich faulen, wenn auch attraktiven Praktikanten hat, mit dem sie zusammenarbeiten soll.
Was sie nicht weiß: In Wahrheit ist es niemand anderes als Sander Nicolas West, der Sohn des Hotelbesitzers, den sie da herumkommandiert. Und der findet das so amüsant und erfrischend, dass er sie nicht über die Verwechslung aufklärt. Schon bald kommen die beiden sich näher. Doch wird sie ihm jemals verzeihen können, wenn sie es herausfindet? Und wie könnten ihre Träume jemals zu seiner Zukunft passen?

Was mich neugierig gemacht hat:

Meine Neugier hat hier zuerst das Setting mit dem Luxushotel geweckt, zu dem auch das Cover mit dem edlen Türschild sehr gut passt. Obwohl es eigentlich sehr schlicht und thematisch naheliegend ist, fand ich es gleich sehr ansprechend und wollte wissen, worum es hier wohl gehen würde.
Der Titel lässt zwar darauf schließen, dass es sich um eine Liebesgeschichte handelt, hebt sich aber davon abgesehen nicht wirklich von der breiten Masse ab und kommt damit ein bisschen willkürlich und fast schon nichtssagend daher. Über den Hinweis auf das Genre hinaus vermittelt er nicht das Besondere an der Geschichte.

Wie es mir gefallen hat:

"Nothing Like Us" lässt mich ein wenig zwiespältig zurück. In einigen Punkten ist es sehr gut umgesetzt, in anderen dagegen ausbaufähig. Die positiven und negativen Aspekte halten sich die Waage und führen insgesamt zu einem Gesamtbild aus verschiedenen, einander entgegenstehenden Eindrücken.

Würde ich mein Gefühl beim Lesen in einem Kurvendiagramm darstellen, würde die Linie weit oben starten, dann mit einer leichten Abwärtstendenz verlaufen, im letzten Drittel ihren Tiefpunkt erreichen und zum Ende hin wieder stark ansteigen.
Der Anfangsteil mit dem Praktikumsbeginn und Lenas und Sanders Kennenlernen ist besonders gut gelungen und das zuckersüß arrangierte Ende hat mich wieder ein wenig mit den kleinen Schwächen und Längen auf dem Weg dahin versöhnen können.

In gewisser Weise ist die Grundsituation, dass Lena nicht über Sanders Identität Bescheid weiß, der Leser sich aber darüber im Klaren ist, ein Problem der Geschichte.
Zwar besteht ein bestimmtes Maß an Spannung darin, mitzuverfolgen, wie Sander die Enthüllung hinauszögert und man doch weiß, dass Lena irgendwann dahinterkommen wird. Doch dies wird zu sehr ausgereizt. Es dauert lang, bis es endlich zur Konfrontation kommt. Im Verhältnis verdaut Lena das Ganze dann unerwartet schnell.
Auch weitere Konflikte im Verlauf ziehen sich etwas zu sehr in die Länge, sodass der doch recht große Umfang des Buches ruhig ein bisschen hätte gestrafft werden dürfen.

Der Perspektivwechsel zwischen Ich-Erzählerin Lena und Ich-Erzähler Sander ist gut umgesetzt, wobei der Part Letzterens gerne noch ein bisschen stärker hätte ausfallen können.
Die Art des Erzählens ist sehr nah an den Figuren und selbst in dramatischen Situationen noch humorvoll und selbstironisch.
Besonders über Lena hätte ich gerne noch das eine oder andere aus ihrem Leben vor New York erfahren - es kommt schon fast so rüber, als hätte sie alle Zelte abgebrochen und bis auf Pflichttelefonate mit ihrer Mutter keinen Kontakt mehr nach Deutschland.

Die Liebesgeschichte entwickelt sich im Großen und Ganzen gut; nur einzelne Elemente haben mich gestört (wie z.B. Sätze à la "Ich glaube, ich verliebe mich gerade", nachdem die beiden schon zusammen waren - sollte das nicht passieren, bevor man etwas miteinander anfängt?)
Was auch ein bisschen auffällig war, ist, dass Sander ständig überall zufällig auftaucht, obwohl das in einer Stadt wie New York ja doch eher unwahrscheinlich ist.

Manchmal entstehen kleine Irritationen durch die Sprache - zumal die Dialoge natürlich Deutsch sind, in Wirklichkeit aber auf Englisch stattfinden. So habe ich mich z.B. darüber gewundert, dass manchmal von der "Sie"-Anrede die Rede war, die es im Amerikanischen ja gar nicht gibt.
Was mir sprachlich wiederholt aufgefallen ist, ist außerdem, dass Verben falsch kombiniert worden sind (z.B. "in mein Zimmer gestürmt und mich (...) gezwungen hatte", "meine Taschen abgestellt und verschwunden war", "an dem Sander im Club aufgetaucht und mich ins Hotel gebracht hatte") - das aber nur am Rande.

Insgesamt gab es also sowohl Momente, in denen ich das Buch toll fand, als auch solche, in denen ich ein wenig genervt war.
Ich bin jedenfalls gespannt, worum es wohl in der Fortsetzung gehen wird, und werde die Upper-East-Side-Reihe mal im Auge behalten.

(Für wen) Lohnt es sich?

Wer Liebesgeschichten mit viel Gefühlswirrwarr und Hin und her mag und die altbewährte Problematik von Schichtunterschieden, bekommt hier eine kurzweilige Geschichte geboten.
Man sollte aber auf viel Hin und Her vorbereitet sein und auch ein bisschen Geduld dafür aufbringen können, wenn Konflikte nicht unbedingt begründet ein wenig in die Länge gezogen werden.

In einem Satz:

"Nothing Like Us" ist gut geschrieben, sehr unterhaltsam und trotz ein paar Klischees und Längen ein empfehlenswerter Liebesroman.