Der Kommissar im Rollstuhl

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herbstrose Avatar

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Ein kleiner Junge wird von einem Pädophilen gefangen gehalten und vergewaltigt. In einem jüdischen Ritualbad wird die Leiche einer jungen Frau gefunden. Eine zeitweise verwirrte Zeugin behauptet, in einem Haus in dem entlassene Sexualstraftäter untergekommen sind, einen Mord beobachtet zu haben. Aus einem Auto verschwand auf einem Parkplatz ein drei Monate altes Baby. Es gibt viel zu tun für das KK 11. Gegen den Willen seiner Vorgesetzten mischt sich auch Hauptkommissar Daniel Zucker, der seit einem Kletterunfall querschnittsgelähmt ist, in die Ermittlungen ein. Doch er stößt auf Hindernisse, die nicht nur durch seinen Rollstuhl bedingt sind …

Zunächst stellt sich die Frage, ob man die Vergewaltigung eines kleinen Jungen durch ein pädophiles Monster in allen Einzelheiten lesen will. Ich meine, NEIN! Wer einen Krimi liest hat wohl genügend Phantasie, um sich das Geschehen auch aus Andeutungen vorstellen zu können. Nach diesem dramatischen Auftakt fällt die Spannung jedoch rapide ab und die Handlung zieht sich zäh dahin. Meinem Empfinden nach wurde einfach zu viel in die Geschichte rein gepackt, was manchmal stark auf Kosten der Glaubwürdigkeit geht:

• Ein Kommissar im Rollstuhl, der in Mordfällen vor Ort ermittelt und ohne Waffe die mutmaßlichen Mörder stellen will, das klingt nicht sehr überzeugend. Hinzu kommt die seltsame Wortwahl für Rollstuhl, was der Geschichte wohl einen Hauch von Ironie geben soll. Hier eine Auswahl: Krüppel-Harley, Bock, Chopper, Popo-Ferrari, Feuerstuhl, Opastuhl, Sulky, Drahtesel …
• Bei einer Exhumierung werden auf dem Friedhof, im Beisein einer Staatsanwältin und eines Gerichtsmediziners, direkt am Grab im Freien bei Schneefall die Särge mittels eines Brecheisens aufgebrochen. Man erkennt auch sofort, dass die verkohlten Leichen nicht die sind die in den Särgen liegen sollten, und zufällig erkennt man auch gleich wer sie wirklich sind.
• Aus der Asche Verstorbener werden Diamanten gepresst – ok, das gibt es wirklich. Aber einen Diamant-Anhänger von 0,4 Karat als auffälligen dicken Klunker zu bezeichnen ist schon sehr stark übertrieben.
• Kannibalismus, Selbstkastration, Prostitution, Suizid, Homosexualität, Geheimverlies im Keller, Unfälle und Explosionen, Eheprobleme und eigenmächtige gefährliche Ermittlungen eines jugendlichen Helden dürfen natürlich, neben Mord und Pädophilie, in einem spannenden Krimi auch nicht fehlen.

Zum Schluss zu wird es dann doch noch richtig dramatisch, wenn auch nicht unbedingt glaubwürdiger. Es gibt ein unerwartetes Happy-End und Daniel Zucker scheint seine Eheprobleme auch im Griff zu haben. Das grundsätzliche Problem aber, das sich wie ein roter Faden durch die Geschichte zieht, lässt sich wohl nicht lösen. Kann man Pädophilie therapieren und was geschieht mit Pädophilen nach ihrer Haftentlassung?

Fazit: Ein Krimi mit guten Ansätzen, in den aber leider etwas zu viel rein gepackt wurde.