Großstadtpflanze trifft Biobauern

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Stockholmerin Stella Wallin geht es gut: Sie liebt ihr Großstadtleben, ihren weltmännischen Freund Peder, die gemeinsame Wohnung und ihren Job in einer schicken Modeboutique. Doch dann kommt heraus, dass Peder sie betrügt und von einem Moment auf den nächsten steht Stella vor den Scherben ihres Lebens. Obdachlos, arbeitslos, beziehungslos und perspektivlos besinnt sie sich auf ihren alten Traum, an der renommierten Modeschule in New York Modedesign zu studieren. Doch hierfür benötigt Stella Geld, dass sie nicht hat. Glücklicherweise haben ihre Großeltern ihr ein Häuschen hinterlassen, welches sie nun veräußern möchte, um ihrem Ziel näher zu kommen. Und so macht sich das Großstadtmädchen auf den Weg ins ländliche Laholm, in dem es noch nicht einmal ein Taxi weg vom Bahnhof gibt. Zum Glück trifft Stella dort aber auf den attraktiven Biobauern Thor, der nicht nur seine Hilfe anbietet, sondern sich auch als direkter Nachbar entpuppt. Nach und nach lernt Stella immer mehr die Vorzüge des Landlebens kennen, was nicht zuletzt mit Thor zusammenhängt, dem sie immer näher kommt – was sie, die eigentlich auf dem Sprung nach New York ist, ja gerade so gar nicht gebrauchen kann…

Bereits das Cover von „Nur noch ein bisschen Glück“ ist ansprechend sommerlich und sprüht schier über vor Lebensfreude. Meiner Meinung nach ist es somit sehr passend zum Inhalt des Buches, welcher ebenfalls gute Laune macht. Schwedens „Queen of Romance“ Simona Ahrstedt hat einen tollen, kurzweiligen Schreibstil, die Zeilen fliegen beim Lesen nur so dahin und ich musste des Öfteren laut auflachen. Die Mischung aus optimistisch-positiven Szenen, emotionaler Liebesgeschichte und ernsthaften Themen war gut gewählt. Auch vorkommende erotische Sequenzen wurden pietätvoll geschrieben und haben zu keiner Zeit billig gewirkt. Die Idylle auf dem Thors Hof wurde gut eingefangen, aufgrund der beschriebenen Atmosphäre hat man als Leser sofort einen Ort zum Wohlfühlen im Kopf. Der Schluss des Buches war sehr emotional gestaltet und hat mich persönlich doch sehr überraschend. Teilweise war er mir allerdings fast etwas zu überfrachtet vor lauter Glück, es war einfach zu perfekt um noch authentisch zu sein. Des Weiteren wurde hier ein wichtiger Nebenhandlungsstrang schnell noch positiv aufgelöst, ohne dass der Leser Näheres zum Weg dorthin erfahren hätte. Dazu hätte ich mir noch ein paar zusätzliche Zeilen gewünscht, so wie es dargestellt wurde war die Thematisierung fast unnötig und too much.

Die Personen in „Nur noch ein bisschen Glück“ sind gut und authentisch dargestellt, sie sind größtenteils sehr liebenswert und haben ihre menschlichen Ecken und Kanten. Stella ist eine selbstbewusste, verständnisvolle und sehr empathische junge Frau, die es im Leben bisher nicht leicht hatte. Sie ist mir direkt ans Herz gewachsen, auch wenn ich sie in manchen Szenen als etwas zu blauäugig und gutgläubig empfunden habe. Auch hat mich gestört, dass sie beinahe wie eine Heilige dargestellt wurde, indem sie zahlreiche Freundschaften und Beziehungen gerettet hat – so viele, dass es schon wieder unglaubwürdig war. Thor ist einfach nur ein toller Mann, der unter dem frühen Tod und seiner großen Verantwortung für Kinder, Tiere und Hof zu leiden hat. Er ist aber eine sehr starke und zuverlässige Persönlichkeit, der alles dafür tut, dass es seinen Lieben gut geht. Auch ihn mochte ich auf Anhieb und habe auf ein Happy End mit Stella gehofft. Der Autorin ist es ebenfalls gelungen, authentische Nebenfiguren wie beispielsweise Thors Kinder, Klas oder auch die Tiere gut zu beschrieben.

Insbesondere besticht das Buch durch seine Realitäts- und Lebensnähe. So werden auch alltägliche Herausforderungen wie z.B. das Leben als alleinerziehender Vater von zwei Teenagern nachvollziehbar thematisiert sowie Stellas Suche nach sich selbst. Ihre Entwicklung hin zur Erkenntnis, was ihr im Leben wirklich wichtig ist und wo ihr Weg hingehen soll wurde toll dargestellt und hat mich berührt. Als störend hingegen habe ich die große Anzahl an weiteren ernster Themen empfunden, die gefühlt alle „abgearbeitet“ werden mussten: Emanzipation, Homosexualität, Mobbing, Freundschaftsverlust, Umweltschutz, Nachhaltigkeit, Vegetarismus, Sinnsuche, Rassismus, etc. An sich finde ich es gut und wichtig, gesellschaftliche Missstände anzuprangern, aber hier hat mir eindeutig der Fokus gefehlt. Vor allem das Thema Feminismus und Gleichberechtigung wurde derart überstrapaziert, dass es mich beinahe schon genervt hat.

Fazit: Ein toll geschriebenes Buch mit kleineren Störfaktoren, bei dem man sich aber an leichten Sommerabenden ganz wunderbar wegträumen kann.