Ich habe sie geliebt

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buecherfan.wit Avatar

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In Anna Gavaldas neuem, sehr fantasievoll betiteltem Roman “Nur wer fällt, lernt fliegen” geht es um zwei Außenseiter, Billie und Franck. Billie stammt aus der Unterschicht und ist in einer Wohnwagensiedlung aufgewachsen. Franck kommt aus einem bürgerlichen Elternhaus. Er hat einen intoleranten reaktionären Vater, der ihm in allen Dingen seinen Willen aufzwingt bis hin zum Studienfach und dem er seine Homosexualität nicht einzugestehen wagt. Billie und Franck lernen sich in der Schule kennen und kommen sich durch eine Theateraufführung von Alfred de Mussets “On ne badine pas avec l´amour” kennen und schätzen. Später verlieren sie sich aus den Augen. Billie bricht die Schule ab, und Franck wird in ein Internat geschickt. Dann begegnen sie sich wieder und stehen einander in entscheidenden Situationen bei.

Zu Beginn des Romans haben sie an einer geführten Wanderung in den Cevennen teilgenommen. Sie sind abgestürzt, und Franck ist in einer Felsspalte eingeklemmt. Er schläft, oder ist nicht bei Bewusstsein. Billie sucht sich einen Stern am Himmel aus und erzählt ihm ihre Lebensgeschichte und die Geschichte ihrer Freundschaft mit Franck im Rückblick und aus ihrer Perspektive. So weit so gut.

Oder auch nicht gut. Ich habe fast alle Bücher von Gavalda gelesen, angefangen mit ihrem 1999 unter dem Titel “Je voudrais que quelqu´un m´attende quelque part” erschienenen Band von Erzählungen und ihrem später verfilmten Erfolgsroman “Ich habe sie geliebt“ und war meist sehr angetan von Inhalt und Stil. Gavaldas neuer Roman ist für mich jedoch eine herbe Enttäuschung. Der Verlag wirbt mit der Aussage “Frech, rührend und komisch - Anna Gavalda, wie wir sie kennen.” Dem kann ich nicht zustimmen. Der Roman ist für mich nicht frech, sondern mit einer Fülle von Schimpfwörter und Flüchen einfach nur sprachlich vulgär. Es wird teilweise gefühlig bis kitschig, aber es rührt mich nicht, und komisch finde ich das Buch schon mal gar nicht. Nein, so kennen wir Anna Gavalda nicht.

Manche Leser rühmen den gut gewählten deutschen Titel und das passende Cover. Im Original heißt der Roman schlicht und einfach "Billie", und das Cover ziert ein niedliches Eselchen auf einer Butterblumenwiese. Auch die Übersetzerin scheint so ihre Probleme mit dem Buch gehabt zu haben. Sie versucht nach Kräften, die derbe Gossensprache im Deutschen nachzuahmen, aber wie kommt sie auf “Paillettenspray von Sephorus” (S. 18) ? (Die bekannte französische Parfümeriekette heißt Sephora).

Ich kann diesen Roman nicht empfehlen und werde vermutlich keine weiteren Bücher von Gavalda lesen.