Bandenkrieg statt Fantasy

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"So waren sie, die Zeiten in denen wir lebten."

Der Armeepriester Tomas Piety kommt mit seiner Kompanie aus dem Krieg zurück nach Ellinburg und muss feststellen, dass sein Untergrundimperium zerfallen ist. Doch er setzt alles daran, die Bordelle, Schankstuben und Spielhöllen zurückzuerobern - notfalls mit roher Gewalt.

Tja, viel gibt es zu dem Buch nicht zu sagen. Es passiert im Grunde genau das, was im Klappentext angedeutet wird - nicht mehr und nicht weniger. In regelmäßigen Abständen kommt es zu blutigen Auseinandersetzungen zwischen den Pious Men und den Gutcuttern, oder ein paar verbalen Schlägereien mit der Stadtwache. Dafür scheint der Autor allerdings nur sehr wenige Worte zur Verfügung zu haben. Wäre das ein Deutschaufsatz, er wäre voll mit "Wdh"-Fehlern. Einige Beispiele:

Bloody Anne war meine rechte Hand.
Jochan war mein Bruder.
Wir waren die Pious Men.
So waren sie, die Zeiten, in denen wir lebten.
Das wurde mir nun klar.
Und genauso wie diese Sätze wiederholt sich also die Handlung in zähen Schlaufen. Tomas nimmt jeden Pups gedanklich auseinander, aber die Hirnleistung scheint nicht besonders weit zu reichen, denn er kommt immer und immer wieder zu den gleichen Schlüssen. Am Ende wüsste ich nicht zu sagen, was wirklich passiert ist in dem Buch, Einzelheiten verschwimmen zu einem großen Wust aus Blut, Gewalt und einfältigen Wortwiederholungen.

Das machen auch die Hintergrundgeschichten von Tomas, Jochan und Bloody Anne nicht wett. Da stutzt man kurz, aber im Grunde sind sie einfach genauso grausam und blutig wie die Haupthandlung. Dem Autor gelingt es nicht, mehr als drei Merkmale seiner Figuren herauszuarbeiten, die er dann endlos wiederkäut. Er pflegt außerdem so einen Schein-Feminismus, in dem Männer hart dafür bestraft und geächtet werden, wenn sie eine Hure schlecht behandeln, und in der eine Frau (!!!!!!) die rechte Hand des männlichen Anführers ist (die natürlich lesbisch ist und sich auch gebärdet wie eine stereotype Kampflesbe - klar). Allenfalls reichen Frauen zu intriganten, gewitzten Spioninnen, denen Mann verfällt und dann doch wieder nicht, weil sie ja solche Schlangen sind.

Billy the Boy war am Anfang irgendwie ein vielversprechender Charakter, mit seiner magischen Begabung, aber da der Autor sich nicht mit ihm und seiner angedeuteten Komplexität abgeben wollte, hat er ihn kurzerhand in die Lehre geschickt und erst wieder hervorkommen lassen, als er zum "Battle Priest" taugte. Ein paar billige Feuermagietricks, ein bisschen Weissagen, das wars dann auch schon mit der Magie (und der Fantasy). Ein bisschen was erfährt man auch über das Ansehen der Magie in der Welt - es gibt geachtete Magier, ein bisschen weniger geachtete weise Männer und Frauen, und dann Hexen und Hexer, die gehasst und gefürchtet werden. Aber auch da macht sich McLean nicht die Mühe, mal tiefer einzutauchen.

Achja, und dann gibt es auch noch diverse riesige Logiklücken. Um nur ein paar zu nennen:
(1) Tomas und Jochan wurden als Kinder Opfer sexueller Gewalt, und Tomas will unbedingt die kleinen Jungs befreien, die die Gutcutter festhalten. Ganz am Anfang aber, als Billy the Boy von Sir Eland bedrängt wird, sagt sich der Herr Tomas, dass ihn dass ja nichts angeht. Hä?
(2) Er rächt sich für die Gewalt, die seinen Untertanen (also kleinen Leuten wie Bäcker, Schuster, Huren, etc.) angetan wurde, indem er die Untertanen der anderen abfackelt.
(3) Sein Kamerad Cookpot weiß nicht, ob er es schafft, bei diesen Gräueln mitzumachen (der gute alte Schlachtenkoller), Tomas sagt, er soll mal noch drüber nachdenken und Bescheid geben - und Cookpot ward nie wieder gesehen.
Soviel dazu.

Ehrlich gesagt habe ich das Buch nur durchgehalten, weil ich es zu großen Teilen als Hörbuch gehört und die Sprecherstimme wirklich genossen habe. Die weiteren Teile werde ich mir sparen, denn es gibt so viel ausgereifte, durchdachte und aufregende Fantasy da draußen, dass ich mich mit banalem Straßengekloppe und einfallslosen Magietricks nicht aufhalten werde.