Fantasy-Ganoven

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sago Avatar

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Jetzt bediene ich wahrscheinlich ein Klischee, aber ich schreibe es trotzdem: „Priest of Bones“ ist Fantasy, die wohl eher Männer ansprechen wird.
Ich frage mich vor allem: Hat der Autor eines Tages beschlossen, ich nehme die Handlung der Gangster-Serie Peaky Blinders und versetze sie in ein Fantasy-Setting? Den Banden-Chef Tommy Shelby der Peaky Blinders nenne ich im Buch Tomas Piety, den unberechenbaren Bruder Arthur Shelby verwandle ich in den unberechenbaren Bruder Jochan Piety. Statt Peaky Blinders nenne ich sie Pious Men. Wie bei der Fernsehserie lasse ich auch im Buch die Tante der Brüder in ihren krummen Geschäften mitmischen. Statt aus dem 1. Weltkrieg lasse ich die Pietys aus einem anderen Krieg zurückkehren und deswegen traumatisiert sein. Hier wie dort müssen die Brüder feststellen, dass ihre üblen Geschäfte inklusive Rennstall von anderen Banden übernommen wurden und sich mühsam und äußerst gewaltsam alles zurückerobern. Die verdeckte Ermittlerin, die auf die Brüder angesetzt wird, nenne ich nicht wie in der Serie Grace Burgess, sondern Ailsa, und wie im Film Tommy Shelby und Grace lasse ich Tom Piety und Ailsa sich ineinander verlieben.
Hallo? Das ist schon mehr als seltsam. Der einzige eigenständige Handlungsstrang, den ich entdecken konnte, ist der um den geheimnisvollen zauberkräftigen Billy the Boy, der interessante Rätsel aufgibt. Von Bandenkämpfen mit reichlich Macho-Gehabe abgesehen passiert ansonsten nicht viel. Leider besitzt Tommy Piety auch nicht die Strahlkraft des hochintelligenten und gebrochenen Charakters Tommy Shelby, sondern bleibt wesentlich blasser. Vielmehr als dass er um die dreißig ist, erfährt man auch zur Optik unseres Ich-Erzählers nicht. An die äußerst drastische Ausdrucksweise der Gangster-Bande gilt es auch, sich zunächst zu gewöhnen.
Dennoch liest sich das Buch irgendwie hurtig weg. Wie es gefällt, wenn man die Peaky Blinders nicht kennt, kann ich leider nicht sagen. Ich habe mich jedenfalls über diese Nacherzählung sehr gewundert.