Urkomische Dystopie

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Bei „Qualityland“ waren die „Randtexte“ das, was mir mit am besten gefällt, schon der Beginn mit den „Allgemeinen Lesebedingungen“ … Kann „Qualityland 2.0“ das halten? Auch dieser Fortsetzung gehen „Allgemeine Lesebedingungen“ voraus, soweit schon mal gut.
„Qualityland 2.0“ setzt an, wo der erste Band aufhörte, jedoch mit Sicht auf eine andere Hauptfigur: Dieses Mal geht es weniger um den inzwischen erfolgreichen Peter Arbeitsloser, sondern mehr um Kiki Unbekannt und ihr Geheimnis: Hier sei mal nur auf ihren Nachnamen hingewiesen, der natürlich nicht von ungefährt kommt ... Auch Martyn Vorstand und Henryk Ingenieur begegnen wir wieder, aber auch neuen Figuren.
Ohne den ersten Band zu kennen hat man nach dem Lesen von „Qualityland 2.0“ sicher noch mehr Fragezeichen in den Augen als ohnehin schon und die scheinen fast unabwendbar. Denn unabhängig von Marc-Uwe Klings (beabsichtigten) überbordenden und hanebüchen wirkenden (aber vermutlich in mancherlei Hinsicht vielleicht gar nicht unwahrscheinlichen) Ideen, bleibt da doch einiges unklar und die Handlung ist deutlich „dünner“ als im ersten Band. Natürlich hat Kling nicht verlernt zu schreiben, seine Sprache sprüht vor Witz, schwarzem Humor und Ironie. Die ganze Welt, die er geschaffen hat, wirkt zwar absurd, ist jedoch gar nicht so weit weg (Algorithmen bestimmen über unser Leben, man hat sich zu optimieren …) und zeigt uns damit eigentlich nur sehr deutlich, worauf wir zuschlittern. Sofern einem dabei nicht das Lachen im Halse stecken bleibt, ist auch diese Gesichte bzw. manche Überlegung bzw. Schilderung sehr amüsant. Für mich bleiben weiterhin die „Randtexte“ (Produktbewertungen, Nachrichten usw.) zwischen den Kapiteln nicht nur ein gekonnter Schachzug, um diese doch dystopisch anmutende Welt realer wirken zu lassen, sondern sind zugleich so trocken und lapidar, dass sie fast den größeren Reiz als die Geschichte selbst ausmachen. Und die lenken dann von der kaum vorhandenen Handlung ab, sodass man von kleinen Haklern (Habe ich das jetzt richtig gelesen?! Lieber nochmal lesen …) abgesehen durch das Buch rauscht. Fazit: Man muss mit dem Humor Klings schon klarkommen, sonst wird man sicher nicht glücklich – aber wenn das der Fall ist und man eine urkomische, dabei aber äußerst gesellschaftskritische und nachdenklich stimmende Dystopie sucht: Lesen!