Halb Sachbuch, halb Roman

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singstar72 Avatar

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Ich empfinde dieses Buch nicht als reines Sachbuch. Es handelt sich zwar um die Lebensgeschichte von Queen Victoria, aber gleichzeitig um eine romanhafte Ausgestaltung, um viel Bildhaftes, und um ein sehr deutliches Bemühen, ihr Bild in der Öffentlichkeit zu korrigieren.

Ich fühlte mich beinahe an einen Klassiker der englischen Literatur erinnert, den „Tristram Shandy“. Denn überaus viel Gewicht wird auf die Geburt gelegt; und ab hier verheddert sich der Erzählfaden ein wenig, und ufert aus. Zwar nicht so, dass es für den Leser unangenehm würde – aber eben doch ins Romanhafte hinein.

Die Autoren legen erkennbar viel Wert auf die britische Monarchie, und deren Erhalt. Dass man als Leser verstehen möge, wie schwierig sich ein solcher Fortbestand gestaltet, wenn es Querelen in einer Familie gibt. Wenn zum Beispiel alle Kinder eines Königs sich in letzter Minute verheiraten, um die Erbfolge zu sichern. Logisch, dass dabei manches schief gehen muss!

Dabei ist das Inhaltsverzeichnis sehr aufschlussreich. Das Leben von Queen Victoria wird annähernd chronologisch behandelt. Es wird in verschiedene Lebensphasen unterteilt. Und das beginnt eben schon vor der Geburt. Niemand hat ernsthaft damit gerechnet, dass sie überhaupt Königin würde. Und von diesem Faktum ausgehend, erklären sich die Autoren ihre lebenslange Resilienz, und geistige Unabhängigkeit.

Ein Quentchen Geheimnis spielt in die Erzählweise auch noch mit hinein. Da gibt es zum Beispiel private Briefe, die entweder unterdrückt oder geschönt wurden. Und immer wieder wird im fortlaufenden Text betont, dass es in der Öffentlichkeit oft Missverständnisse oder Verzerrungen gegeben habe. Man soll sich als Leser dieses Buches ein wenig wie bei einer Ausgrabung fühlen: erst jetzt soll Vieles bekannt werden. Und man ist hautnah dabei!

Wie gesagt, ein trockenes Sachbuch ist dies für mich nicht. Aber gerade deshalb interessiert es mich! Es hat einen Hauch, aber nur einen Hauch, von Enthüllungsroman. Es ist aber ansonsten interessant und lebendig geschrieben, wenngleich auch in Spuren schwülstig. Ich würde es dennoch gerne lesen.