Ein Bilderbuch der Renaissance

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Ein Bilderbuch der Renaissance

In einem Zeitfenster zwischen 1494 bis 1520 zieht dieser Roman beim Lesen wie ein Film vorüber. Es ist die Zeit der großen Maler, Zeitgenossen Raffaels, wie Leonardo da Vinci und Michelangelo Buonarotti, Maler und Bildhauer, der Erschaffer der Fresken in der Sixtinischen Kapelle und des David wie auch La Pietà. Wir erfahren viel über deren Leben, soweit sie Schnittstellen mit der Hauptperson Raffaello Sanzio da Urbino haben, bis heute Raffael genannt. Und von diesen Schnittstellen gibt es so einige. Wir erleben mit ihm die Renaissance in Italien. Gewaltige Namen aus der Politik, wie die Borgias, die Medici, der Papst Alexander VI sowie Niccolo Macchiavelli nehmen uns gefangen. Raffaels überaus bewegtes Leben von Kindheit an bewegt uns. Er ist ein Getriebener, denn er muss wegen der politischen Ereignisse seine Heimat Urbino verlassen und ist auf Hilfe angewiesen. In der Folge zieht er von Stadt zu Stadt, lernt von anderen Malern und wird schließlich zum Maestro. Seine große Liebe während seines Aufenthalts in Siena wird die Bäckerstochter Margherita. Sie ist es auch, die sein Schaffen inspiriert hat, das uns bis heute fasziniert. Viele seiner Frauenbildnisse tragen ihre Züge. Wir erfahren, wie alles zwischen ihnen begann, wie er sie traf und wie er sie verliert, den Zeitumständen geschuldet, als Frauen sich gesellschaftlichen Gepflogenheiten beugen mussten. Die Schauplätze wechseln häufig, kapitelweise. Sie sind Urbino, Faenza, Perugia, Siena, Venedig, Florenz, der Vatikan, Rom und Ravenna.
Norditalien ist zerrissen von Machtkämpfen und Intrigen. Kriege, Überfälle, Einnahmen von Provinzen, Tötungen aus Rache und Leidenschaft, kaum etwas wird hier ausgelassen. In diesem lebendigen Zeitbild voller Überraschungen, bilden die Sprünge zwischen den Schauplätzen die Kapitel. Wir lernen viel über diese Zeit und treffen aus der Geschichte bekannte Persönlichkeiten wie den Papst Alexander VI., Spanier, der Vater Cesare Borgias, Heerführer der andere Städte und Provinzen einnehmenden Soldaten. Später löst Papst Julius II., ihn ab.
Sehr lesenswert sind die Ausführungen des Autors zu technischen Fragen der Malerei dieser Zeit. Wir erfahren viel über Farbzusammensetzungen, die Mischungen, die Herstellung eines Freskos – das alles ist wunderbar in den Text eingefügt. Die Charaktere, ihr Äußeres, ihre Gefühle und Gedanken, so wie sie hätten sein können, soweit wir sie heute nachvollziehen können, werden eindrucksvoll beschrieben, Über grauenvolle Tötungsmethoden oder Folterungen lesen wir auch. Es war eine überaus grausame Zeit, nur wenig Rücksicht wurde auf menschliches Leben genommen. Herrschsucht, Gier, nicht nur nach Materiellem sondern auch nach Sexualität waren normal. Auch Kirchenfürsten bis hin zum Papst waren durchaus daran beteiligt. Besuche von Bordellen, Inzest, wie bei den Borgias und Ausschweifungen jeder Art waren bekannt und akzeptiert.
Dieser Roman ist eine empfehlenswerte Neuerscheinung für alle Kunst- und Geschichtsliebhaber.
Wie Noah Martin alles zusammenfügt und in eindrucksvollem und plakativen, niemals langweiligen Schreibstil zu Papier bringt, beeindruckt. Aus jeder Seite spricht das Wissen des Autors über diese epochemachende Zeit, die uns bis heute nicht loslässt und zum Staunen bringt.
Ein Glossar wäre hilfreich gewesen, denn die vielen italienischen Spezialausdrücke und Begriffe können nicht bei jedem Leser vorausgesetzt werden. Das umfängliche Personenverzeichnis am Anfang ist nützlich und unbedingt angebracht.
Gerwine Ogbuagu