Arbeit für den Henker

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buecherfan.wit Avatar

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Eoin McNamees Roman "Requiem" basiert auf dem authentischen Fall des 26jährigen Robert McGladdery, der nach nur sieben Verhandlungstagen zum Tod durch Erhängen verurteilt wurde, obwohl es keine Zeugen, keine forensischen Beweise und kein Tatmotiv gab. Die 19jährige Pearl Gamble war nach einer Tanzveranstaltung erwürgt und erstochen worden. McGladdery sagte aus, nichts mit dem Mord zu tun zu haben.
Chefinspektor Eddie McCrink kehrt nach 15jähriger Abwesenheit aus London in seine Heimat zurück und soll die Ermittlungen überwachen. Ihm ist von Anfang an klar, dass es keinen fairen Prozess geben wird. Der Vorsitzende Richter Lance Curran, dessen ebenfalls 19jährige Tochter Patricia neun Jahre zuvor ermordet worden war, kann nur als befangen gelten. Der schuldunfähige Mörder wurde zwar eingesperrt, aber nicht zum Tode verurteilt. Jetzt will man ein Exempel statuieren und das Monster hängen sehen.
Der Prolog und die ersten Kapitel des Romans zeichnen ein düsteres Bild des damaligen Nordirland. Korrupte Politiker regieren das Land, und der Hass zwischen der protestantischen Oberschicht und der armen, praktisch rechtlosen katholischen Minderheit ist groß. Nach jahrhundertelanger Unterdrückung Irlands durch die Briten werden sich die schwelenden Konflikte wenige Jahre später in einem blutigen Bürgerkrieg entladen, der viele Menschen auf beiden Seiten das Leben kosten wird. Die IRA (Irish Republican Army ) auf der einen Seite und die RUC (Royal Ulster Constabulary, die britische Polizei) und die britische Armee auf der anderen werden sich während der "Troubles" genannten Unruhen jahrzehntelang einen erbitterten Kampf liefern.
Der politische Hintergrund für einen skandalösen Justizirrtum wird schon auf den ersten Seiten deutlich angesprochen und lässt auf einen spannenden Roman hoffen, auf eine interesssante Mischung aus Fakten und Fiktion. Dabei ist die Position des Autors anhand von zahlreichen Formulierungen mit negativer Konnotation klar erkennbar, zum Beispiel in der furchteinflößenden Beschreibung von Richter Lance Curran ("Ein Kardinal in Soutane an der Spitze einer unheilvollen Ordensgemeinschaft." S. 13). Auch wenn der Autor den Fall vermutlich nicht lösen und den wahren Täter nicht präsentieren kann, bleibt die Rekonstruktion dieser Epoche ein interessantes schriftstellerisches Experiment.