Mord in der Stadt der Diebe

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern Leerer Stern
theresia626 Avatar

Von

Nordirland, 1961. Pearl Gamble, die in Foster Newell’s Warenhaus als Verkäuferin gearbeitet hatte, war nach einer Tanzveranstaltung in der Halle des Oranier-Ordens nicht nach Hause gekommen. Am nächsten Morgen fand man sie mißhandelt, erstochen und erwürgt. Ihre nackte Leiche war mehr als eine halbe Meile über ein Stoppelfeld geschleppt und notdürftig am Weir`s Rock versteckt worden. Schnell ist ein Verdächtiger gefunden, Robert McGladdery.

Eddie McCrinks, der nach 15 Jahren Arbeit im Morddezernat in London in seine Heimat zurückkehrt, übernimmt die Inspektorenstelle des Belfaster Polizeibezirks. Er wird mit dem Fall betraut, er hat oberste Priorität. Als er in der Gemeindebibliothek Landkarten einsehen will, um sich mit den Örtlichkeiten vertraut zu machen, speziell die Entfernung und das Gelände zwischen der Halle des Oranier-Ordens, McGladderys Haus und dem Schauplatz des Mordes, erfährt er von der Bibliothekarin, dass die Einwohner der Stadt als Diebe (Nyuks) bezeichnet werden. McCrinks wird schnell klar, dass die mit ihm an diesem Fall ermittelnden Polizeibeamten ihren Schuldigen haben und der Henker, Harry Allen, soll ihn bekommen. „Johnston ist immer noch scharf darauf, es dem Kerl aus der Gegend anzuhängen. Diesem Kerl namens McGladdery…“ (S. 32) Der hatte bei seiner Verhaftung frische Verletzungen an den Händen, ansonsten gab es keinerlei Beweise gegen ihn, keine Augenzeugen, kein Tatmotiv und keine Mordwaffe. Das einzige, was man McGladdery vorwerfen konnte, war, daß er mit Pearl Gamble getanzt hatte. Mußte er dafür sterben, oder wollte man aus politischer Sicht nur keinen zweiten Fall Curran?

Der 26jährige Robert McGladdery aus Damolly in Newry steht nach wenigen Monaten Ermittlungsarbeit wegen des Mordes an der 19jährigen Pearl Gamble vor Gericht. Vorsitzender Richter ist Lance Curran, der unter ähnlichen Umständen 1952 seine damals 19jährige Tochter Patricia verloren hatte. Deren Mörder, Iain Hay Gordon, entging 1953 der Todesstrafe durch den Strang und wurde wegen Unzurechnungsfähigkeit für nicht schuldig erklärt und eingekerkert. Hat man mit McGladdery einen Unschuldigen zum Tode verurteilt? Kann der Autor zu diesem Fall Antworten liefern, oder wird der Mord an Pearl Gamble niemals vollkommen aufgeklärt werden? Selbst nach über 50 Jahren könnten noch Zeitzeugen leben. Hat Eoin McNamee sie bei seinen Recherchen zu dem vorliegenden Buch ausfindig gemacht und zu den damaligen Ereignissen befragen können? Warum gestand McGladdery kurz vor seiner Hinrichtung doch noch den Mord an Pearl Gamble?

Der Roman „Requiem“ von Eoin McNamee ist eine Mischung aus Fiktion und Realität, eine für mich sehr interessante Kombination. Für den Leser ist erkennbar, welche Kapitel mit Fakten historisch belegt sind (so z.B. S. 9 – 13; 44), und welche der Gestaltung der Erzählung dienen, was den Roman lesenswert macht. Auch spielt die politische Situation in den 60er Jahren in Nordirland eine große Rolle, auf die der Autor zu Beginn des Romans schon eingeht. "Ein verstörender roman noir von düsterer Brillanz" den ich gerne weiterlesen würde.