Schlaglichter in Graustufen

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nahadriel Avatar

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Mit "Requiem" kreiert der Autor einen Roman - soweit nach Leseprobe abschätzbar, natürlich - in schwarzweiß. Eine Komposition, deren Wortgewalt, deren Stimmung wie ein rauer Whiskey ist, schluckweise getrunken in der offenen Terrassentür des Kaminzimmers mit Blick auf den nächtlichen Novemberregen. In fiebriger Erregung folgt man seinen Worten, die immer wieder mit wenigen Pinselstrichen ein Abbild sozialer Strukturen skizzieren, in knapper, dunkler, präziser Sprachfarbe andeuten, daß mehr sein könnte. Indes, und das ist eine Kunst, ohne pathetische Sehnsucht, mehr eine Feststellung.
Und so offeriert sich folgerichtig auch die Handlung der ersten Seiten: Zwar könnte alles miteinander verbunden sein, es könnte aber auch genausogut - exemplifizierbar an der Gestalt des Verdächtigen McGladdery - einfach nur das sein, was man sieht. So wird z.B. nie erklärt, was mit der Leiche passiert ist bzw. was man dem Opfer angetan hat; dem Autor reicht der Verweis auf die Grausamkeit. Hier wie an anderen Stellen überläßt er bei aller sprachlichen Raffinesse jedem Leser eine Interpretation der Ausschmückung. Überhaupt ist es die Sprache, die einen sofort in den Bann zieht: Kaum merklich wird subtil eine ruhige, melancholische Stimmung skizziert, in die der Leser sanft eingesponnen wird. Solcherart im Sinne des Autors platziert entrollt sich der Anfang der Geschichte dann vor diesem.
Der Klappentext deutet auf ein Thema nicht aufgearbeiteter Vergangenheit hin; etwas, das ich, um ehrlich zu sein, immer ein wenig schwierig findet. Hier allerdings bin ich positiv überrascht worden. Es geht eben nicht um Pathos. Eoin McNamee schafft es im Gegenteil mit verbaler Leichthändigkeit auf der Folie von Polizeiarbeit eine authentisch scheinende bzw. glaubwürdige Darstellung der Zeit und des Denkens der Zeit, der frühen Sechziger in Irland, zu kreieren.
Vielleicht ein Roman für die, die in der Welt fremd sind, für die latent Fremden, im Dunkeln Verbleibenden? Ich jedenfalls finde hier wird ein schwarz-weiß-Filter über die Welt gelegt, welche trotz dieser Distanz erstaunlich klar bleibt; Stimmung, Sprache und auch der begonnene Inhalt haben mich absolut fasziniert in ihren Bann geschlagen.