Coming-of-Age Geschichte

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viviennepachel Avatar

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Das Debüt von Johann von Bülow - der als deutscher Schauspieler bekannt ist - lässt sich als atmosphärischer Coming-of-Age Roman beschreiben. Marc erinnert sich während der Autofahrt in seine Heimat München, um am Begräbnis seines Freundes Roy teilzuhaben, an seine Kindheit und später Jugend in der glamourösen Welt der Reichen und Schönen. Erzählt wird diese Handlung in fünf Teilen, von denen mich nicht jeder begeistern konnte. Vor allem in der Mitte des Buches gab es einige Längen, die mich den Roman das ein oder andere Mal beiseite legen ließen. Was ich mit einem großen Positiv-Post-It versehen möchte, ist die einfühlsame und tiefgründige Darstellung der (meisten) Charaktere, die Johann von Bülow in seinem Debüt ablieferte. (Beinahe) jede einzelne Figur, die mir während des Lesens begegnete und die auch weiterhin in der Geschichte eine tragende Rolle spielte, kam nicht zu kurz, sodass ich eine Bindung zu jeder*m Einzelnen aufbauen konnte. Der Autor besitzt die Fähigkeit jeden Augenblick messerscharf und mit viel Sensibilität einzufangen, weshalb ich Marc wahrscheinlich auch so gern hatte. Johann von Bülow beweist, dass eine Handlung nicht immer mit andauernder Spannung gespickt sein muss, um den Leser im Grundsatz zu überzeugen. Allerdings muss ich an diesem Punkt einwerfen, dass ein bisschen mehr Spannung an der ein oder anderen Stelle nicht geschadet hätte. Das Buch schwingt insgesamt mit leisen Tönen und hat somit zum Nachteil, dass es schnell langweilig werden kann. Was diesen Punkt in einzelnen Teilen allerdings wieder wett machte, ist die Tatsache, dass Johann von Bülow eigene Erfahrungen aus seiner Kindheit und Jugend mit in die Geschichte einfließen ließ, sodass die Erinnerungen sehr persönlich auf mich wirkten. Andererseits blieben mir am Ende noch zu viele Fragen offen, sowie einige Unstimmigkeiten zurück. So hätte ich mir mehr Einblicke in Carolin als Person gewünscht, wo sie doch der treibende Keil für die Zerstörung der Freundschaft war. Sie blieb mir zu oberflächlich, weshalb ich auch nur schwer eine Bindung zu ihr aufbauen konnte. Auch fand ich es schade, dass die langjährige, tiefgründige Freundschaft zwischen Roy und Marc an einer Frau scheiterte, die doch so offensichtlich mit den Beiden spielte, dass es jeder Andere bemerkte. Vielleicht lag es aber auch an Marc‘s Entfremdung von dieser Welt der Reichen und Schönen, in der er doch nie einen richtigen Platz fand. Über diese Punkte lässt sich sicherlich spekulieren. Um diese Fragen für mich persönlich zu klären, hätte ich mir auch gern Perspektiven aus Roy‘s Sicht gewünscht, da er zumeist als widersprüchlich und unergründlich beschrieben wurde. Dass dies aufgrund der Handlung allerdings nicht machbar war, kann ich nachvollziehen. So fand ich allerdings die Geschichte aus Marc‘s Erinnerungen zumeist sehr einseitig. Auch das namens gebende „Roxy“, eine Edeldisko, das mit dem farbenfrohen Cover viel Spannung versprach, spielte in dem Buch kaum eine Rolle und wird lediglich einmal genannt, weshalb ich für den Roman einen anderen Titel gewählt hätte.

Fazit: Bei „Roxy“ handelt es sich über einen atmosphärischen Coming-of-Age Roman mit Höhen und Tiefen, der die glühend heißen Sommer der 80er und Probleme der Reichen und Schönen aufgreift, sowie das Leben eines jungen Mannes erzählt, der rastlos auf der Suche nach seinem Platz in dieser Welt ist und nun auf seine Jugend und die Freundschaft zu einer Person, die er zu kennen meinte, zurückblickt. Für ein Debüt definitiv gelungen, aber eine hundertprozentige Empfehlung kann ich nicht aussprechen.