Mittendrin und nicht dabei

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amadea Avatar

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Wie gibt man den Leseeindruck von „Schamland“ wider?

Mit vielen, vielen Seufzern und einer tiefen Betroffenheit. Es ist ein Buch über das Märchen von der sozialen Gerechtigkeit, das den Alltagsschutt jener aufgreift, die abseits vom Wirtschaftswunderrausch stehen.

„Schamland“ lässt sich umschreiben als einen Versuch, das Wort ARMUT zu erklären. Im Brennpunkt sind jene Menschen, die nichts davon haben, wenn vom Ankurbeln der Wirtschaft die Rede ist. Es erzählt von der schamhaft totgeschwiegenen „Randgesellschaft“, vom Scheitern, von glücksfernen Zeiten, von einem Leben in Abhängigkeit. Der Abhängigkeit vom sozialen Topf, der nur scheinbar sozial ist.

Plastisch wird einem die entwürdigende Bürokratie vor Augen geführt, an deren Ende die sogenannte Grundsicherung steht: Sie bremst zwar den gesellschaftlichen Sturz, und verletzt dennoch an empfindlicher Stelle. Als Echo der Resignation ist die Rede vom schmerzhaften Verlust der Würde - und einer Angst, die in alle Poren kriecht. Der Ungewissenheit vor dem „übriggebliebenen Leben“, der Heidenangst vom Umfeld als Sozialfall „enttarnt“ zu werden.

Wie kann man frei sein, wenn man seinem eignen Schatten nicht entgeht?
Hier kommen die Betroffenen selbst zu Wort und berichten aus ihrem ungeschminkten Alltag. Die Stärke des Buches liegt meines Erachtens in der sensiblen Ausarbeitung seiner "Protagonisten" sowie dem untrüglichen Gespür des Autors für die Kälte und Einsamkeit, die - nur mäßig kaschiert - durchs Land weht.

Muss man dieses Buch lesen?
Müssen nicht, aber ICH möchte es sehr, sehr gerne tun.