Reportagen hinter dem Vorhang der Scham

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merkurina Avatar

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Vielen Dank für dieses Buch. Ich schätze Vorablesen und mache mich dennoch erst nach langer Zeit wieder daran, einen Leseeindruck zu veröffentlichen.

Ich möchte dieses Buch nicht nur gewinnen, ich möchte mich schlicht bestätigend dazu äußern, dass ein solches Buch an der Zeit ist.

Stefan Selke wusste schon als Gymnasiast, dass irgendetwas nicht stimmt, wenn Menschen in seiner Umgebung, in einem der reichsten Länder der Welt, verzweifelt in Mülltonnen nach Nahrung stochern müssen. Diese Beschreibung klingt im Prolog vielleicht ein kleines bisschen kokett. Ein frühreifer Weltverbesserer? Mag sein.
Doch Selke ist einem Motiv und (s)einem Auftrag treu geblieben, als längst hinreichend bezahlter Hochschuldozent reist er durch die Lande, um die alltägliche schamgetarnte Armut in Deutschland aufzudpüren. Und die Menschen und ihre Geschichten, die dahinter stehen und verzweifeln. Selke hat aus eigener Erfahrung die Tafeln kennengelernt, die Orte, an denen Menschen vorstellig werden, deren Kleingeld für den Einkauf im Discounter nicht mehr reicht. Deren Geschichten beschreibt er voller Solidarität und Sympathie.

Alle diese Menschen können erzählen, wie sie kurz zuvor noch nichtsahnend in die Fänge der Armut fielen, durch die Maschen eines unbarmherzigen bürokratischen Netzes. Selke schildert Fallschichten, das junge Stundentenpaar, der ehemalige Handwerker. Es ist ein negativer Reisebericht durch die Republik.

Hier hat sich einer aufgemacht, genaus zu schauen und hin zu hören. Solche Reportagen braucht das Land.