Seelen in turbulenten Zeiten

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern
rippchen Avatar

Von

Weitreichende geografische Ortswechsel, eine facettenreiche Personenpalette, zeitliche Verknüpfungen von Gegenwart und Vergangenheit sowie mehrere, ebenso brisante wie aktuelle wirtschafts- und gesellschaftspolitische Themen von Kindesmissbrauch bis zur Korruption in Wirtschaft und Politik: Mit seinem Erstlingswerk „Schmetterling im Sturm“ ist Autor Walter Lucius ein nahezu perfekter „literarischer Rundumschlag“ in Sachen Spannungsroman gelungen.
So weit die geographische Dimension des Thrillers von den Niederlanden über Moskau bis nach Afghanistan und Südafrika, so eng ist der Zeitraum von nur wenigen – allerdings sehr ereignisreichen – Tagen. Bezieht man jedoch die Rückblenden von drei Jahrzehnten ein, besteht auch hier Konsens im Umfang.
Das gilt zudem für die von Walter Lucius entwickelte Konstellation unterschiedlichster personeller Charaktere, deren individuelle Typisierung angesichts unterschiedlicher Kulturen, Religionen sowie moralischer Wertvorstellungen zusätzlich an Brisanz gewinnt.
Zahlreiche Helden, aber auch allzu menschliche Verlierer, korrupte Persönlichkeiten sowie eine liebenswerte Kämpferin mit Herz als Hauptakteurin prägen die Handlung.
Wie ein roter Faden zieht sich die Schmetterlingssymbolik durch den Thriller: Seine Metamorphose entspricht menschlichen Seelenprozessen im Wandel, seine Flügel einem stetigen Streben nach Freiheit und Selbstbestimmung. Übertragbar ist diese Sichtweise auf die Personen im Roman, deren Seelen im Sturm unterzugehen drohen: Manche können widerstehen, andere scheitern, Verstorbene sind in der Erinnerung lebender Akteure stets präsent.
Im formalen Aufbau erfolgt nach kurzer Spannungsspitze zu Beginn des Romans ein langsam sich steigernder, aber konstanter Spannungsaufbau. Dieser findet bereits nach knapp zwei Dritteln des Buches einen aktionsreichen Höhepunkt. Ein solcher beendet nach einer wiederum erneuten Spannungsaufbau-Phase den Roman, ohne jedoch alle Details aufzudecken. Aus diesem Blickwinkel heraus darf der Leser gespannt sein auf die als Trilogie konzipierten Buchreihe.
Stilistisch kennzeichnet der Autor insbesondere den spannungsreichen dritten Abschnitt durch die Kürze der Kapitel und die dadurch rasch wechselnden, unterschiedlichen personenbezogenen Sichtweisen eines Geschehens. Durch die schnellen Perspektivwechsel hastet der Leser geradezu atemlos mit den Akteuren durch das Geschehen.
Grundsätzlich versteht es Autor Walter Lucius hervorragend, die unterschiedlichen Handlungsstränge miteinander zu verflechten. Während einige Vorgänge komplett durch den gesamten Roman laufen und sich immer wieder berühren, scheinen andere kaum damit oder gar untereinander in Verbindung zu stehen. Und gelegentlich – vom Leser nahezu unbemerkt – schmuggeln sich weitere Geschehnisse als „Seiteneinsteiger“ in die Geschichte und bestimmen – mehr oder weniger lang- bzw. kurzfristig - den Verlauf der Handlung.
Ein solch komplex und doch verständlich strukturiertes inhaltliches und formales Geflecht zeugt von höchstem schriftstellerischem Können. Dabei ist unverkennbar, dass der Autor in seiner bisherigen beruflichen Laufbahn auf der artverwandten Schiene als Drehbuchautor gearbeitet hat. Das jedoch soll den hervorragenden Eindruck seines Erstlings-Thrillers keineswegs mindern, im Gegenteil. Für mich hat Walter Lucius ein erstes Meisterwerk abgeliefert - mit hohem Anspruch an die folgenden Bände der geplanten „Heartland“-Trilogie.