Was für ein Geschwafel

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ismaela Avatar

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"Schöne Seelen" von Philipp Tingler ist eine zusammengerührte Suppe aus der Beschreibung der Dekadenz der sog. Reichen und Schönen, einer Stellvertreter-Therapie und einer kurzen Abhandlung eines Vortrages über Kreativität. Alles zusammen ergibt einen "Roman" ohne Substanz und ohne roten Faden. Die LP war sehr vielversprechend, und formulieren kann Herr Tingler auch, aber manchmal reicht so etwas eben nicht aus, um jemanden zu fesseln.

Oskar Canow - ein Schriftsteller - erfährt von Millvina Van Runkle, dass ihre Tochter Mildred nicht ihre leibliche Tochter ist, sondern von einem Dienstmädchen stammt. Er, Oskar, solle dieses Geheimnis aber für sich behalten. Mildred wiederum, ebenfalls eine überspannte Reiche, will ihren Mann in Therapie schicken, und weil dieser mit Oskar befreundet ist, kann er diesen dazu überreden, an seiner Stelle diese Therapie zu machen. Alles kommt schlussendlich natürlich ans Tageslicht, aber bis dahin hat man noch einige Seiten an Gelaber vor sich, die sich gewaschen haben.

Viele Schriftsteller machen den Fehler, dass sie sich selbst durch ihre Romanfiguren darstellen und darüber die eigentliche Geschichte ausser Acht lassen. Das ist hier passiert. Oskar Canow wirkt auf mich wie der Autor sein will: endlich mal den ganzen Summs, der so in seinem Kopf rumschwirrt, an den Leser bringen. Dazu lässt Tingler Oskar erst einmal die Gesellschaft beschreiben, in der er verkehrt - einer, in der die Dienstboten in der letzten Reihe sitzen, man Dienstleister völlig selbstverständlich herabwürdigt (an einen Kellner, der sich nicht Doddsie nennen lassen will: "Es ist mir völlig egal, wie Sie heißen", sagte Oskar (...), S. 92), ständig irgendwelche völlig deplatzierte englische Sätze und Dialoge der ebenfalls völlig überkandidelten und erzunsympathischen Frau Oskars, von den übrigen schneewittchenbrustflachen Charakteren ganz zu schweigen, die auftauchen, beweisen, wie oberflächlich und dumm sie sind, und dann sang- und klanglos wieder verschwinden.

Groß angekündigte "Knaller", wie das Auffliegen der Pseudo-Therapie und auch die Aufdeckung der Herkunft Mildred gegenüber verpuffen zur Bedeutungslosigkeit. Die Folgen davon? Nicht der Rede wert. Hier geht es nur um die Selbstdarstellung des Autors und das ist schade. Aus dieser Geschichte hätte man mehr machen können. So bleibt nur Philipp Tingler zu zitieren: (...) auch mit Zierereien und Affenpossen kommt man leidlich komfortabel durchs Leben, sofern man liquide ist." (S. 176)