Beeindruckend geschrieben

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stina23 Avatar

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Eva Lugbauer erzählt in ihrem Roman von Lore und ihrer Familie. Hauptsächlich behandelt sie darin die Kindheit des Mädchens, die ungefähr in den 1980er und 1990er Jahren in einem Dorf in Österreich stattfindet. In kürzeren Sequenzen springt sie auch zur erwachsenen Lore, die von ihrer Kindheit geprägt, nicht von ihr losgelassen wird.
Viel Unausgesprochenes gibt es in der Familie. Besonders all das, was der Großvater nicht sagt, bleibt Lore in Erinnerung. Das, wofür der alte Mann keine Worte findet, handelt meist vom Krieg. Mit patriarchalischem Gehabe und starren Strukturen und Werten will er den Ton in der Familie angeben. Die Frauen gehen je nach Generation und Lebensumfeld unterschiedlich damit um. Die Großmutter fügt sich, Tante Ursula akzeptiert es nicht und kämpft dagegen an und Lore wächst heran, indem sie sehr genau beobachtet und kluge Fragen stellt, auf die sie leider oft keine oder keine befriedigende Antwort erhält und deshalb sehr oft in sich selbst zu ihren Antworten finden muss.
Mir sagt der Schreibstil der Autorin sehr zu. Die oft kurzen Sätze und Gedankensprünge machen die in der dritten Person geschriebene Geschichte zu einer interessanten Reise in den Alltag und besonders in die Gefühls- und Gedankenwelt von Lore und einigen ihrer Familienmitglieder.
Mich hat dieser Roman sehr berührt. An vielen Stellen konnte ich in meiner Erinnerung ähnliche Szenen wiederfinden. Das Unverständnis gegenüber den patriarchalischen Strukturen, das „Das-Ist-Halt-So“ und das unaufhaltsame Gefühl, dass das so aber überhaupt nicht sein sollte, kamen mir nur allzu bekannt vor. Der Text transportiert für mich eine etwas düstere und eingeengte Stimmung, der ich mich kaum entziehen konnte, und die ich als tragend für das gesamte Buch empfand.
Ein Buch voller Erkenntnisse einer Heranwachsenden, die aus der Beobachtung der Generationen vor ihr entstehen und die sie nie ganz loslassen. Für mich ein Volltreffer.