Ein sehr guter Beobachter als Mordverdächtiger ...

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Der Verfasser Graeme Macrae Burnet hat mit bewundernswerter Sorgfalt die Fallakte eines Mordfalls aus dem Jahr 1869 zusammengestellt, die aus Zeugenaussagen und den Lebenserinnerungen des Täters besteht. Sein Urgroßvater Roderick Macrae hat damals den Nachbarn ermordet und soll im Gefängnis seine Lebenserinnerungen aufgezeichnet haben. Der präzise Stil des Jungen verwundert zunächst, weil er als Kind von kleinen Pächtern eines feudalen Großgrundbesitzers aufwuchs. Doch nachdem Nachbarn, der Pfarrer, der Lehrer und weitere Zeugen zu Wort gekommen sind, wundere ich mich über den Widerspruch nicht mehr. Roderick war ein sehr guter Schüler, den sein Lehrer gern stärker gefördert hätte und den die Dorfbewohner für sonderbar hielten. Doch Vater und Sohn konnten sich nichts anderes vorstellen, als dass Roderick das tun wird, was ihm bestimmt ist, auf dem Feld zu arbeiten wie seine Vorfahren.

Durch die beiden unterschiedlichen Stimmen des Herausgebers und des Mordverdächtigen treten hier praktisch zwei Erzählerfiguren auf. Roderick ist ein guter Beobachter, der präzise und umfassend über die Lebensbedingungen in seinem Dorf mit neun Häusern zu erzählen hat. Aus welchem Motiv sein Urenkel seinen sorgfältig editierten Bericht herausgegeben hat und warum Roderick damals seine Erinnerungen niederschreiben sollte, darauf bin in nun sehr gespannt.