Gelungener Mix aus Fiktion und Historie

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solveig Avatar

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Sommer 1869: in dem kleinen schottischen Ort Culduie ist ein schreckliches Verbrechen geschehen. Der 17 Jahre alte Roderick MaCrae, Sohn eines armen Kleinbauern, gesteht die Tat, einen dreifachen Mord, und lässt sich ohne Gegenwehr festnehmen. Während er in der Haftanstalt auf seinen Prozess wartet, schreibt er auf Wunsch seines Verteidigers eine kurze Monografie, wobei er den Fokus auf die Dinge in seinem Leben legt, die ihn zu den Morden an drei Menschen seines Dorfes geführt haben. In dem Vorwort zu seinem Krimi erklärt der Autor, er sei rein zufällig bei der Ahnenforschung auf die Aufzeichnungen gestoßen, die ihn zu diesem Roman inspiriert haben. Allerdings, so merkt er an, könne niemand die Echtheit der Dokumente garantieren. Und so lässt er den Leser während des ganzen Romans im Ungewissen über die Authentizität des Falles. Neben Rodericks Aufzeichnungen verwendet der Autor Zeugenaussagen von Nachbarn, Gutachten und Prozessakten, die den Fall weiter beleuchten und ihm den Anschein von Wahrheit geben. Sehr geschickt mischt Graeme Fiktion und Wahrheit, indem er einen (konstruierten) Mordfall an einen tatsächlich existierenden Ort platziert und mit historisch belegten gesellschaftlichen Umständen verbindet.
In Roddy MaCraes Aufzeichnungen des ärmlichen, harten Lebens eines Crofters, eines schottischen Kleinbauern, macht der Autor den Leser vertraut mit Roddys Situation, seiner Armut, seinem familiären Umfeld und den Abhängigkeiten, denen er ausgeliefert ist.
Die bitteren Lebensumstände der Hochländer im 19. Jahrhundert und die Anfänge der Kriminalpsychologie bilden das tatsächliche Gerüst des Romans und geben ein ausdrucksstarkes Bild damals verbreiteter Ansichten wieder: „Die Vererbung kann nicht die alleinige Ursache für das Begehen eines Verbrechens sein. Der Gestank der Armenviertel, Hunger und ein allgemeines Milieu von Unmoral müssen als Faktoren miteinbezogen werden.“ (S.216)
In diesem gelungenen Mix aus Fiktion und Wirklichkeit lässt MaCrae Burnet seinen Leser nach den Hintergründen des Mordes forschen. Roddys Aussage liefert eine Erklärung. Gibt es noch weitere mögliche Motive?
Ein ungewöhnlicher, spannender Roman!