Unter deutschen Dächern

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hennie Avatar

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„Sieh nichts Böses“ ist schon Band 8 der Reihe um Kommissar Konstantin Dühnfort (Toni) und seiner Partnerin Gina Angelucci. Mir machte das nichts aus, obwohl es für mich der erste Krimi von Inge Löhnig war. Ich hätte es auch nicht bemerkt, denn die Story brauchte keine Vorgeschichte.

Toni kam mit seiner Gina gerade von der Hochzeitsreise aus Venedig zurück und schon wurde er zu einem neuen Fall gerufen. Ausgerechnet bei der jährlichen Überprüfung der Polizeispürhunde findet die Border-Collie-Hündin Ronja eine echte Leiche. In der Nähe der Toten liegt eine kleine Messingskulptur, ein Affe, der mit beiden Armen den Unterleib bedeckt. Das hat die Bedeutung „Tu nichts Böses!“, „Habe keinen Spaß!“, „Habe keinen Sex!“ Es ist Shirazu, die eher unbekannte vierte Figur der drei weisen Affen (nichts sehen, nichts hören, nichts sagen oder Mizaru, Kikazaru, Iwazaru.)
Neben der Haupthandlung, die Ermittlungen zum Mord an der jungen Veronika Lindenthal, gibt es mehrere Nebenhandlungen, die durch die Autorin ganz geschickt ineinander verflochten werden. Solche Geschichten liebe ich, denn man ist versucht, ständig mit zu ermitteln und Verbindungen zu suchen. Die vielen Erzählstränge vereinigen sich schließlich zu einem sinnvollen Ganzen.
Inge Löhnig gelang es hervorragend mit diesem Krimi brisante Probleme zu thematisieren, die körperliche und verbale Gewalt in der Familie, die autoritäre Macht in der Partnerschaft. Da ist zum einen die brutale Kindheit des Jasper Seyboth und seiner beiden Geschwister, der andauernd grundlos gereizte, prügelnde Vater und die devote, unterwürfige Mutter, die stets wegschaut. Auf der anderen Seite das Elternhaus der ermordeten Veronika. Die beschriebene, fassunglos machende Emotions- und Lieblosigkeit ihrer Eltern war mehr als erschreckend. Was gibt es nur für Scheusale in Menschengestalt? Und dann noch in gehobenen Verhältnissen, also dort, wo man es überhaupt nicht vermutet. Der Autorin gelangen mit diesem Krimi eindrucksvolle Milieustudien, tragische Einblicke hinter die etablierten Fassaden bürgerlicher Idylle.

Mit „Sieh nichts Böses“ schrieb die Autorin einen ergreifenden, unterhaltsamen Krimi, in dem auch das Privatleben von Dühnfort und Gina nicht zu kurz kommt. Dühnfort ist ein sympathischer Kommissar mit einer großen Leidenschaft für Espresso.
Sie scheinen ein normales Ehepaar zu sein mit ihren alltäglichen Sorgen. Im vorliegenden Fall haben sie allerdings eine besondere, nicht so alltägliche, private Entscheidung zu treffen. Gina ist schwanger und das Kind hat das Down-Syndrom. Wie wird sich das Paar entscheiden?

Mir hat Inge Löhnigs angenehmer, unterhaltsamer, ruhiger Schreibstil sehr gefallen. Sie ist nicht auf Action und auf Beschreibungen von blutigen, grausamen Details aus.
Der 8. Fall war für mich der erste. Daher habe ich keinen Vergleich, aber die Gewähr, dass die sieben vorherigen Fälle sicher auch gut zu lesen sein werden.
Ich kann den Krimi nur empfehlen und vergebe fünf von fünf Sternen.