Politisch hoch aktueller Anti-James-Bond

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soetom Avatar

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Am Anfang habe ich mich mit dem Lesen etwas schwer getan. Es gibt eine Fülle an Personen, die in den ersten Kapiteln eine nach der anderen vorgestellt werden. Ich gestehe, ich hab irgendwann den Überblick verloren. Noch dazu war für mich nicht erkennbar, wie aus dieser Aufzählung eine Story werden sollte.

Aber die kommt dann.

Und diese Story ist vielschichtig. Sie ist dazu hoch aktuell, denn es geht - ich versuche nicht zu viel zu verraten - um die Bedrohung durch islamistischen Terrorismus - die tatsächliche und die gefühlte, um persönliche Karrierepläne und Intrigen.
Und es geht um Verflechtungen zwischen Neonazis und dem Inlandsgeheimdienst. Das ganze spielt in England, ist also ohne Bezug zu aktuellen Themen in Deutschland, aber natürlich lässt es sich übertragen. Und die Frage, wie weit man Einfluss nehmen darf, um ein "höheres Ziel" zu erreichen, ist ja eine sehr grundsätzliche und nicht an Länder gebunden.

Bemerkenswert ist, dass in einer Gruppe gescheiterter Agenten sich zwar wenigstens der Leiter des Teams als fähiger Geheimdienstler herauskristalisiert, der zumindest annähernd das Kaliber eines James Bond haben könnte - wenn auch eines übergewichtigen. Aber er bleibt bis zum Schluss derart unsympathisch, dass er nicht als Sympathieträger taugt.

So wird die Geschichte ein kompletter Anti-Bond-Roman ohne Held, ohne charismatische Verführer und ohne Helden, der mal eben alleine die Welt rettet. Dafür bleiben am Ende viele zerbrochene, zerbrechliche Menschen, die gemeinsam versuchen, sich über Wasser zu halten. Und das ist wahrscheinliche viel näher an der Realität als die meisten Spionage-Romane.