Slow Horses

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Slough House, das Abschiebegleis der Geheimdienste. In diesem unscheinbaren Haus sammeln sich all diejenigen, die ihren Vorgesetzen auf die Füße getreten sind, wie der Abteilungsleiter Jackson Lamb, oder die eine Operation grandios vermasselt haben, wie River Cartwright. Wobei sich letzterer sicher ist, dass er von seinem Ex-Kollegen reingelegt wurde, damit dieser karrieretechnisch freie Fahrt hat. Als ein pakistanischer Junge entführt wird und die Geiselnehmer drohen, ihm innerhalb von 48 Stunden den Kopf abzuschneiden, um Rache an den Attentaten zu nehmen, die Islamisten im Königreich verübt haben, bleibt das Team zunächst unbeteiligt. Mit solchen Fällen haben sie nichts mehr zu tun. Jackson Lamb war immer ein unbequemer Agent, aber einer der besten und er kommt mit seinen Slow Horses, wie man seine Mitarbeiter scherzhaft wegen ihres Arbeitsplatzes und ihrer Vergangenheit getauft hat, schnell darauf, dass hinter dem inzwischen angelaufenen Medienspektakel eine unglaubliche Verschwörung steckt.

Mick Herrons Spionagethriller „Slow Horses“ ist der erste Band der Serie um Jackson Lamb, die inzwischen bereits aus sieben Bänden besteht. Sie gilt als die aktuell stärkste Agentenserie Großbritanniens und „Slow Horses“ war unter anderem für den Steel Dagger Award nominiert, den Herron dann mit dem zweiten Band „Dead Lions“ auch gewann.

Der Thriller beginnt rasant mitten in einem Einsatz, der jedoch sensationell scheitert und River Cartwright in das Slough Hosue befördert. Slough – das Sumpfloch – macht seinem Namen alle Ehre, betrachtet man die Vorgeschichten der dorthin versetzten MI5 Agenten; überhaupt sind die Namen von Herron hervorragend gewählt: Lamb, das unscheinbare Lamm, das zur Schlachtbank geführt und geopfert werden soll; James Webb, genannt Spider, der am Regent’s Park sein Netzt spinnt, um seine Karriere voranzutreiben; Standish, die keineswegs nur Garnitur ist und die zu unterschätzen ein böser Fehler wäre.

Herron gelingt es vor allem durch das Agieren seiner Figuren einen guten Eindruck nicht nur ihrer grenzwertigen psychischen Verfassung, sondern auch der Lage beim MI5 zu vermitteln. Er muss nicht langatmig beschreiben, sondern zeigt implizit, was schief läuft und wo sich der eigentliche Sumpf befindet. Seine Serie wurde schnell mit jener um George Smiley verglichen, die den Dienst auch so manches Mal eher zweifelhaft aussehen ließ. Der Fall wird sehr clever aufgebaut, man weiß schnell, was im Zentrum der Ermittlungen stehen wird, aber die Rolle, die die Slow Horses darin haben werden, bleibt zunächst unklar. Insgesamt lebt der Roman hauptsächlich von den eigenwilligen Figuren, die Herron interessant und überzeugend geschaffen hat und die mit viel Cleverness, aber ohne Zufälle, die Verschwörung aufdecken. Ein überzeugender Auftakt, der auch in den weitern Bänden viel Spannung verspricht.