Sprachlich besonders, inhaltlich zu kompakt

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mianna Avatar

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Caroline Sesta schreibt in ihrem neuen Roman „Sofian, der Sarazene“ von einer magischen Liebesgeschichte im Norden Italiens.
Im Jahr 2012 bemerkt die junge Federica einen Mann mit einem Turban, der im Winter an einem Fluss angelt. Er scheint nicht in die Gegend und die Zeit zu passen. Schnell entwickeln sich unerklärliche Ängste und sich wiederholende Albträume. Diese Träume spielen sich in der tiefsten Vergangenheit ab.
Im Jahr 911 ziehen die Sarazenen brutal mordend und zerstörend durch Italien, um die Andersgläubigen zu bekehren. In ihren Träumen erlebt Federica einen solchen Sarazenenüberfall, bei dem eine junge Frau als Einzige überlebt, weil sie von Sofian, einem jungen Sarazenen, versteckt wird. Sofian merkt, dass er ein anderes Leben führen möchte und wendet sich von seinem Stamm ab. Er flieht mit ihr.
Zurück im Jahr 2012 bleiben Federica diese Erlebnisse und die mysteriöse Verbindung zwischen ihr und dem Sarazenen unverständlich. Die Suche nach einer Erklärung beginnt.

Der Erzählung vorangestellt ist eine sachliche Information zu den Überfällen durch die Sarazenen in Italien. Dies dient dem Verständnis für die Hintergründe des Romans und ordnet die Entwicklungen in größere, geschichtliche Zusammenhänge ein.

Dann beginnt die eigentliche Geschichte, die sachlich und wenig stimmungsvoll wirkt. Dies entsteht womöglich durch die spezielle Ausdrucksweise, die detaillierten Beschreibungen und die vorangestellte sachliche Einführung.

Die Geschichte wird auf zwei Zeitebenen (911 und 2012) erzählt. Die Entwicklungen bekommen dadurch etwas mysteriöses. Durch die wechselnde Erzählung von Federica und Sofian, entsteht ein umfassendes Bild von der Situation.

Die Hauptfiguren bleiben in ihrer Charakterisierung eher wage und dadurch den Lesenden fern. Auf ihre Vergangenheit sowie auf das innere Leben wird anfänglich nur oberflächlich eingegangen. Erst auf dem Höhepunkt der Liebesgeschichte werden beide greifbarer. Sofian wird nachsichtig, liebevoll und sehnsüchtig beschrieben wird, Federika weckt eher einen nüchternen und abwehrenden Eindruck. Die Charaktere wirken dadurch ungleich sympathisch.

Bemerkenswert ist die Sprache, die sehr ausgewählt und bildreich ist, stellenweise fast schon ins poetische geht. „Sie kroch nur noch ins Bett. Seelenschwer. Gedankenleer. Federica wollte einschlafen. Und nie wieder aufwachen.“ (S. 43) Die Autorin nutzt häufig Verstärkungen, wie es beispielsweise in diesem Zitat deutlich wird. „In seligem Vertrauen, dass das glockenklare Plätschern des Wassers ihren Seelenschmerz mütterlich hinwegstreicheln würde.“ (S. 121) Der Umgebung kommt in diesem Roman ein großer Stellenwert zu – diese wird umfassend und detailliert beschreiben. Demzufolge braucht es viel Aufmerksamkeit, um den Inhalt zu verstehen und emotional bei der Geschichte zu bleiben.

Es entsteht nur zeitweise Spannung, weil der Inhalt verkürzt und unzusammenhängend wirkt. Inhaltlich fehlt es an einigen Stellen an Übergängen, um das Geschehen besser nachvollziehen und einordnen zu können. Entwicklungen, Zusammenhänge und Reaktionen der Protagonisten bleiben dadurch lange verwirrend. So wirkt Federica in ihrer übermäßigen Angst dem Angler gegenüber und ihren plötzlichen Weinkrämpfen überspannt und unpassend.

Die große Stärke dieses Romans ist die bemerkenswerte Sprache. Die Idee einer Liebesgeschichte zu Zeiten der Sarazenenüberfälle ist interessant. Insbesondere der Spannungsaufbau und die Ausgestaltung der Charaktere ist jedoch mangelhaft. Der Roman ist insgesamt zu kompakt, könnte mehr Seiten vertragen.