Ein Drama, das weit über einen Sommer hinausreicht

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marcus kischel Avatar

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Polly Samson führt Ihre Leser*innen zurück in dass 1960, auf die Insel Hydra, gegenüber von Athen, am Südwestrand des Peloponnes gelegen. Ihre 18jährige Protagonisten und Ich-Erzählerin Erica Hart lässt ein kaltes, graues London und ihren harten Vater hinter sich. Ausgelöst durch einem Brief der Freundin Ihrer verstorbenen Mutter reist sie begleitet von Freund und Bruder in den griechischen Frühling um ein Jahr in der Wärme Hydras zu verbringen.,

Samson schafft eine wunderbare, glaubhafte Atmosphäre, in der Sie Ihre Reisenden mit der Künstlergemeinschaft verwebt, die tatsächlich in den 1960er auf Hydra lebte. In einer Reihe grob chronologischer Erinnerungen bereitet die Autorin das archaische Leben, die Wärme des Sommers, die Gerüche und der Geschmack der Insel im Mittelmeer vor ihren Leser*innen aus.
Die Handelnden sind sowohl epochentypisch aber auch – und die sie beschäftigenden Fragen – von einer überraschenden Gegenwärtigkeit, die es einfach macht sich in ihnen wieder zu finden.

Der Klappentext deutet an, dass der Sommer auf Hydra „der Sommer“ für die Gruppe der jungen Reisenden werden wird. Dass wird er, aber anders als vielleicht vorschnell vermutet, kommt es nicht zu einen „großen Konflikt“ zwischen ihnen. Die Ereignisse greifen vielmehr weiter, reichen bis in die Eltern- und Kindergeneration der Inselgemeinschaft. Antworten gibt es in jenen Sommer gerade nicht und die Ereignisse beschäftigen Hart bis in unsere Gegenwart.

Was bleibt für die Lesenden? Ein Sommer in Griechenland, so dicht erzählt und nahe gebracht, dass nur eine Reise dorthin dichtere Eindrücke bringen würde (& dies ist zurzeit nicht möglich), einen Einblick in die Gedanken der Erica Hart, die ganz zufrieden mit sich auf „den Sommer“ zurückblicken kann.

Zwei Gedanken zum Schluss: Ich schätze es sehr, dass Ullstein das Cover der Originalausgabe übernommen hat. Auch wenn ich vermuten würde, dass die Farbfotografie 10 bis 15 Jahre jünger ist, strahlt sie Wärme, Sommer und ein Hauch von Nostalgie aus, die die Stimmung des Buches gut trifft. Um so mehr stört es mich, dass der Titel geändert wurde, nicht zuletzt da dieser ein direktes Zitat (Kapitel 29, S. 348) ist. Woher diese Angst keine Lesenden zu finden, wenn mensch es ihnen nicht schon im Titel einbläut, dass das Buch (u. a.) im Sommer spielt?