Sonnig verträumt

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egan80 Avatar

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Die 17-jährige Erica lebt im London der sechziger Jahre. Von den “swinging sixties” ist sie allerdings weit entfernt; vielmehr ist sie eingezwängt in ein spiessbürgerliches Leben, mit einem tyrannischen Vater, einem relativ distanzierten Bruder und einer Mutter, die fast im Hintergrund verschwindet. Dies ändert sich allerdings recht schnell, als Ericas Mutter zunächst schwer erkrankt, und kurz darauf verstirbt.

Ausgestattet mit einem kleinen Erbe ihrer Mutter folgt sie der Einladung Charmian Clifts - einer ehemaligen Freundin ihrer Mutter, die mittlerweile eine erfolgreiche Schriftstellerin ist - den Sommer mit ihrer Familie auf der griechischen Insel Hydra zu verbringen.

Dort taucht Erica ein in die Irrungen und Wirrungen einer hedonistischen internationalen Künstler-Community, die vor der Kulisse der malerischen Ägäisinsel ihre Kreativität auslebt.

Polly Samson gelingt hier ein recht eleganter Kniff: indem sie die fiktive Erica zur Protagonistin von “Sommer der Träumer” macht, lässt sie uns direkt teilhaben an den Beziehungsgeflechten der weiteren - noch oder zumindest früher real existierenden - Künstler; die kreativen und zwischenmenschlichen Spannungen, die zumindest teilweise historisch belegt sind, werden damit lebendig erlebbar.

Das eigentliche Problem von “Sommer der Träumer” ist, dass die Handlung zwar elegant und berührend geschrieben ist (und zudem die Insel Hydra als eigentlicher Star der Handlung glänzen kann), aber im Kern einfach nicht besonders spannend ist. Bestünde die Künstlerkolonie nur aus erfolglosen Nobodys, die Handlung wäre trivial und prosaisch. Die ehemals real existierenden Künstler - mit Ausnahme von Leonard Cohen - sind aber ebenfalls nicht bekannt und / oder relevant genug, um die nötige Fallhöhe zu schaffen, diese Herausforderung zu umschiffen.

Was bleibt also? “Sommer der Träumer” ist ein schön geschriebener, leichter Sommerroman, dessen Realitätsbezug letztlich ein besserer Gimmick ist.