Wer gerne wirklich etwas über die Kriegszeit, ihre Traumata und die Auswirkungen auf die Nachkriegsgeneration wissen will, ist bei diesem Familienroman gut beraten. In Rückblenden werden die Geschichte der trockenen Alkoholikerin Caro und die Kindheitsgeschichte ihres Vaters erzählt. Die Sequenzen sind gut miteinander verwoben und alles fügt sich mit einem roten Faden zusammen. Ohne Pathos, ohne Klisches gelingt es ein Bild der Entwicklung der Sucht zu zeichnen. Das Verhalten der Eltern wird anhand ihrer Erlebnisse und Erfahrungen verständlich sowie die Ich-Erzählerin einsehen muss, dass sie als einzige Tochter und als drittes Kind eine Sonderstellung einnahm. Caro, die endlich eine gute Beziehung mit ihrem Klinikkollegen Jakob führt, lernt durch ihn eine ältere Frau kennen, die ihr Haus in eine Alten-WG umwandelt. Durch diese offene, ehrliche Frau, die ihr immer wieder deren eigene Sichtweise zu den Dingen sagt und zeigt, dass man trotz schwieriger Eltern-Kind- Verhältnisse ein erfülltes und selbstbestimmtes Leben leben kann, lernt sie sich mit ihrer Familie und den für sie wegweisenden Erfahrungen auszusöhnen. Vor allem Dingen hilft ihr dabei die Liebe zu ihrem Sohn Cornelius, der offenbar kein Trauma von ihrer Alkoholsucht bekommen hat, obwohl sie nicht genug auf ihn eingehen konnte und er nicht immer eine warme Mahlzeit bekommen hat. Durch die Erzählperspektive von Innen, wenn die Ich-Erzählerin ihre Geschichten und ihre Erinnerungen erzählt sowie durch die auktorial gehaltenen allgemein hingestellten Erinnerungen ihres Vaters sowie durch die Wahrheit über ihren Großvater kann sie ihr neues und ehrliches Leben richtig beginnen. Sprachlich schön geschrieben und mit viel Anteilnahme sowie Menschlichkeit in allen Belangen dargestellt, macht dieses Buch Mut zum Leben. Das gilt nicht nur für Suchterkrankte, sondern für alle, die mit ihren Erinnerungen hadern und sich neu orientieren wollen. Also nicht nur ein besinnliches Leseerlebnis wird geboten, sondern die Lebensberatung ist einfach mitinbegriffen