Ein Trümmerfeld namens Familie

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Drei Zeitpunkte im Leben einer Familie: 1944 – 1980 - 2016. Papas Prinzessin im Kampf gegen den Alkohol, in einer Welt von Frauen mit absurden Ängsten; überbesorgte Eltern, die alles richtig machen wollen, auch wenn es falsch ist, und die ihre Kinder doch nicht von Pornoseiten und anderen Übeln fernhalten können; gegenseitige Unachtsamkeit; Geld als einziges Trostpflaster; sorgfältigste Fassadenpflege, dazu Krankheiten wie Krebs als Tabuthema. Kurz und gut: Eine Wohlstandsgesellschaft, die nur noch im materiellen Sinn eine ist. Zwei Welten stehen innerhalb der Familie nebeneinander: die Eltern, geprägt von den entbehrungsreichen Jahren der Nachkriegszeit und die Generationen danach, im Überfluss aufgewachsen. Dazu ein Übervater, mit dem sich die Tochter überworfen hat und wo eine Versöhnung anlässlich der Goldenen Hochzeit ihrer Eltern herbei geführt werden sollte. Das scheint aussichtslos, doch in der Pensionistin Frau Schneiders scheint die Lösung zu liegen.
Ansprechend und zu Herzen gehend ist der Text geschrieben, wenn er gegen Schluss auch manchmal etwas zäh wirkt. Bei den häufigen Sprüngen zwischen den Jahren helfen die Zeitangaben, dass man sich jeweils in den neuen Kapiteln zurechtfindet. Indem mal aus Sicht des Vaters Karl, manchmal aus der von Tochter Caroline (Namensähnlichkeit = Ähnlichkeit der Charaktere) geschrieben wurde, kann der Leser auch die beiden Denkstrukturen nachvollziehen und die handelnden Personen besser verstehen. Doch am Ende des Buches war für mich noch nicht alles klar, da hätte ich mir etwas mehr Erhellung gewünscht.
Das Cover hat sinngemäss die Funktion einer Fassade. Sie zeigt eine fröhliche Vater-Kind-Situation. Dies kann nur beschönigend gemeint sein oder eben: So war es noch in der Kindheit, bevor es zum Bruch kam. Denn über eine heile Welt zu schreiben, wäre auch gar nicht interessant.