Vier Sprecher - ein fantastisch gutes Hörbuch

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Gut, ich liebe Hörbücher, dennoch ist es bis jetzt wenigen 8-Stunden-Hörbüchern gelungen, mich wirklich von Anfang bis zum Ende fast durchgehend zu fesseln. Ein großes Kompliment an "Sorry" von Zoran Drvenkar und an Ulrich Pleitgen, Christian Berkel, Sophie von Kessel und ganz besonders Matthias Brandt, die ihre Stimmen dermaßen gekonnt einsetzen, dass mir immer noch Schauer über den Rücken laufen.

Zum Inhalt: Vier Freunde, die alle ein wenig in den pekuniären Seilen hängen, haben eine Idee: Warum nicht Entschuldigungen für Menschen ableisten, die lieber eine große Summe zahlen, als sich selbst dazu durchzuringen? Anfangs läuft alles gut, sogar hervorragend - mit Villa am Wannsee und vollen Auftragsbüchern. Dann erhalten sie jedoch einen Auftrag, der ihr Leben auf den Kopf stellt und alle an den Abgrund bringt - einige von ihnen sogar darüberhinaus.

Zur Aufmachung: Leider nicht ganz so prickelnd. Der Karton ist zwar schön gestaltet und erinnert mich an eine Todesanzeige, sein Inhalt wirkt aber ein wenig lieblos zusammengestellt. Nur ein dürftiger Beileger mit kurzen Erläuterungen zu den Sprechern und dem Autor - da hätte ich mir (vor allem in der Inhaltsangabe) doch etwas mehr gewünscht. Z.B. Überschriften zu den Einzel-CDs, so heißen die Titel nur immer wieder "Du", "Danach",  "Erzähler" und "Der Mann, der nicht da war" - korrespondierend zu den vier Stimmen, die die einzelnen Erzählebenen darstellen. Die CDs stecken in ganz normalen Papierhüllen - wenigstens die hätte man doch bedrucken können.

Zum Hörbuch: 8 Stunden, die ich durchgehend gehört habe (zum Glück ein freier Tag). Das sagt schon einiges über die Güte des (Hör-)Buchs und das Fesselpotenzial der Story aus. Dazu vier Stimmen, die nicht besser gewählt sein konnten. Sie stellen unerwarteterweise nicht Personen dar, sondern Sichtweisen auf den Inhalt. Matthias Brandt steht dabei für die Perspektive des Mörders, erzählt in der ungewohnten "Du"-Form. So wird der Hörer zum unfreiwilligen Komplizen gemacht - ganz ähnlich wie die vier Mitarbeiter der "Sorry"-Agentur. Seine Stimme ist selbst bei den widerlichsten Mordszenen so schmeichelnd, dass man eher an ein Kunstwerk als ein Verbrechen denkt. Sophie von Kessel (die Stimme der "Danach"-Sichtweise) hat anfangs den undankbarsten Part - zuerst führt diese Perspektive dazu, dass der Hörer Zeit braucht, sich in den Ebenen zurechtzufinden - die Zukunft erscheint das erste Mal vor der Vergangenheit. Wenn diese Klippe umschifft ist, bieten die vier doch sehr unterschiedlichen Stimmen aber ein Gerüst, an dem man sich zeitlich gut orientieren kann. Innerhalb dieses Gerüsts findet sich eine Geschichte, von der ich wegen der Spoiler-Gefahr nicht viel verraten möchte, nur soviel: Zum Schluss ist praktisch jeder Täter, Opfer und Getäuschter..... oder tot...

Der Schluss ist übrigens das Einzige, das mir nicht gefallen hat. Zu plötzlich und kein wirklicher Abschluss einer faszinierenden Geschichte. Wenn ich ehrlich bin, dachte ich, dass das Akku meines Players leer ist.

Fazit: Unbedingt hörbar - auch, wenn es sich um die gekürzte Fassung des Buchs handelt - mir hat nichts gefehlt.