Gut strukturiert, bleibt aber eher an der Oberfläche

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Das Verhältnis zwischen Eltern und ihren Kinder ist häufig kein einfaches. Jeder Mensch ist durch die eigene Erziehung geprägt und gibt internalisierten Glaubensätze und Verhaltensweisen bewusst oder unbewusst an die eigenen Kinder weiter. Trotzdem wächst jeder Mensch auch mit den Einflüssen seiner Zeit auf und so macht die Nachfolgegeneration viele Ding anders, entwickelt eigene Werte und löst sich von denen des Elternhauses. Und hier kommt es dann häufig zu Konflikten.

Das Buch ‚Stachlige Eltern…“ beschäftigt sich mit diesen Konflikten und versucht, Hilfestellungen zu geben für einen entspannteren Umgang miteinander. Das Buch ist m.M.n. gut strukturiert. Es werden sieben typischen Problembereiche des Eltern-Kind-Verhältnisses angesprochen (z.B. Grenzüberschreitung, Abwertung, Energieräuber …) und jedem dieser Themen ein Kapitel gewidmet. In den Kapiteln werden Fallbeispiele beschrieben, die Auswirkungen des jeweiligen „schädlichen“ Verhaltens der Eltern erläutert und schließlich Möglichkeiten aufgezeigt, wie man als das Kind damit umgehen kann.

Es ist nicht das erste Buch, dass ich zum Thema Eltern-/Kind-Verhältnis lese und das ganze Thema ist m.M.n. hoch komplex. Insbesondere wenn auch noch vererbte Erfahrungen und Traumata der Nachkriegsgeneration hinzukommen, sind die Gründe, weshalb Eltern/Schwiegereltern sich auf eine bestimmte Weise verhalten schwierig zu durchdringen.
Leider beschäftigt sich das Buch zu wenig bzw. nur oberflächlich mit diesen Gründen. Es gibt zwar in jedem Kapitel einen Abschnitt dazu, aber dieser geht nicht wirklich in die Tiefe. Vielmehr werden verhaltenstherapeutische Ansätze vermittelt, a la „in Situation XY verhalte Dich so und so“. Das mag funktionieren und für bestimmt Situationen auch ausreichen. Für eine langfristige Verbesserung des Verhältnisses zwischen Eltern und Kind ist es m.M.n. aber auch hilfreich, die Hintergründe zu verstehen.
Nichtsdestotrotz haben mir die Beispiele, Tipps und Denkanstöße durchaus gefallen und ich habe sie als Einladung genommen, mich weiter mit den Themen zu beschäftigen und bei einigen Aspekten „tiefer zu graben“. Auch fand ich gut, dass das Buch kein Allheilmittel verspricht. Manchmal hilft nur Abstand, das Ausklammern von Themen und das Wahren der eigenen Grenzen, um einen einigermaßen friedlichen Umgang miteinander zu haben. Die Erkenntnis wird transportiert, dass die Harmonie und bedingungslose Akzeptanz, die man sich als Kind wünschen mag, nicht immer realistisch herstellbar ist.

Das Buch ist in einem Verlag erschienen, der sich an kirchlich geprägte Leser wendet. Und so enthalten die Kapitel jeweils auch einen Abschnitt, der sich der spirituellen bzw. Glaubenssicht des Themas widmet. Mir hat gefallen, dass der Autor im Vorwort darauf hinweist. So ist man als Leser darauf vorbereitet und kann selbst entscheiden, ob man sich mit dieser Perspektive beschäftigen möchte oder nicht.

Fazit. Der Ratgeber bleibt m.M.n. sehr an der Oberfläche und geht nicht tiefgreifend auf die Gründe des (schwieger-)elterlichen Verhaltens ein. Für Kinder, die ein hohes Konfliktpotenzial mit ihren Eltern oder Schwiegereltern haben, halte ich das Buch daher nur für bedingt geeignet. Wenn das Verhältnis aber im Großen und Ganzen in Ordnung ist und es nur zu bestimmten Themen zu Reibereien kommt, kann das Buch hier ein paar gute Tipps und Hilfestellungen geben, um die eigenen Grenzen zu waren.