Rache

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Es gibt Autoren, denen eilt ein guter Ruf voraus. Hanna Winter ist so eine. Ihr Erstlingsroman, der Krimi „Die Spur der Kinder“, wurde gleich zum  Bestseller. Klar, dass ich, da auf den Nachfolgeband, „Stirb“ gespannt war. Die Leseprobe war dann auch interessant. Ob der Rest des Romans meine hohen Erwartungen erfüllen konnte, dazu nun, wie üblich, Stück für Stück mehr.

  

Inhaltsverzeichnis:

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1. Die Autorin: Hanna Winter

2. Ort und Zeit der Handlung

3. Die Hauptfiguren

\*\*\*a) Lara Simmons (Mutter und Opfer)

\*\*\*b) Emma Simmons (Laras Tochter)

\*\*\*c) Sylvia Hausmann (Hauptkomissarin)

\*\*\*d) Magnus Kern (Komissar)

\*\*\*e) Andreas von Bülow (der Mörder)

\*\*\*f) Frank Burlacher (Laras neuer Freund)

\*\*\*g) Arne (Franks Cousin)

\*\*\*h) Torben Landsberg (Gerichtsmediziner, Laras schwuler Freund)

4. Die Geschichte

5. Themen

\*\*\*a) Rache

\*\*\*b) Angst

6. Erzählweise

7. Zielgruppe

8. Daten zum Buch

9. Pro & Contra

10. Fazit

 

 

1. Die Autorin: Hanna Winter

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Der Name lässt es schon erahnen: Hanna Winter ist eine deutschsprachige Autorin. Wenn man nach ihr bei Wikipedia sucht, findet man bislang nichts – hier könnte der Verlag also noch tötig werden! ;-) Beim Verlag selber, bei Ullstein, erfährt man dann aber zumindest ein wenig. Es ist die kurze Beschreibung, wie sie üblicherweise auch in den Büchern selber abgedruckt wird: Hanna Winter lebt in Berlin, hat Journalistik studiert, als Redakteurin gearbeitet und ist jetzt als freie Journalistin und Autorin tätig. Auf dem Foto ist eine hübsche blonde Frau um die 30 zu sehen.

 

 

2. Ort und Zeit der Handlung

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Ort und Zeit der Handlung in „Stirb“ sind nicht ganz klar in einem Satz zu nennen. Die Geschichte beginnt zunächst in der Vergangenheit, vor sechs Jahren in Berlin.

Der Großteil spielt dann in der Gegenwart, auf (der Insel) Rügen. Es gibt aber immer wieder Rückblenden, die zurück nach Berlin führen, allerdings in das Berlin Ende der 1970er Jahre. Mit Blick auf die Orte und Zeiten ist es Hanna Winter gelungen, ihrem Roman trotz der Wechsel eine klare Struktur zu geben, die den Leser nicht verwirrt.

 

 

3. Die Hauptfiguren

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\*\*\*a) Lara Simmons

Als Leser lernt man Lara als recht frisch geschiedene Frau kennen, die sich nun um ihre Tochter und um ihr neu eröffnetes Café kümmert. Doch der Start ins neue Leben endet abrupt, als Lara Opfer eines Serienmörders, des Trancheus, wird. Anders als die anderen Frauen schafft es Lara, dem Massenmörder zu entkommen. Sie soll im Zeugenschutzprogramm eine neue Identität erhalten. Bevor sie aber in Sicherheit gebracht werden kann, werden ihr Ex-Mann, die neue Freundin des Ex und auch Laras Tochter Emma überfallen. Die Erwachsenen werden brutal ermordet, Emma überlebt.

Gemeinsam mit Emma wird Lara auf Rügen untergebracht und schlüpft in die Rolle einer Kellnerin.

Obwohl Lara als Figur Opfer ist, wirkt sie nicht (durchweg) als schwache Frau. Lara hat all die Schicksalsschläge gut verkraftet,  hat ihr Leben in die Hand genommen, ist zwar durch neue Gefahr getroffen, aber nicht so verunsichert, dass sie komplett hilflos wäre.

Lara ist ganz klar DER zentrale Charakter der Geschichte, die meiste Zeit ist man als Leser an ihrer Seite.

 

\*\*\*b) Emma Simmons (Laras Tochter)

Im Gegensatz zu Lara hat ihre Tochter nur eine kleine Rolle. Emma ist zunächst sechs, später zwölf Jahre alt. Als sechsjährige wird das Mädchen von dem Trancheur, dem Massenmörder dieser Geschichte, schwer verletzt. Seitdem spricht Emma nicht mehr. Man merkt aber, dass sie ein kluges Kind ist.

 

\*\*\*c) Sylvia Hausmann (Hauptkomissarin)

In vielen Romanen stehen die Ermittler im Zentrum. Nicht so bei „Stirb“. Sylvia Hausmann nimmt zwar als Hauptkomissarin eine wichtige Rolle ein, wirkt, als hätte sie mehr Überblick als ihr Kollege Magnus Kern. Als Figur wird sie aber nicht sehr intensiv beleuchtet. Am nahesten kommt man Hausmann wohl, als man erfährt, dass sie ein Kind hatte, das nach einem Autoumfall ums Leben kam.

 

\*\*\*d) Magnus Kern (Komissar)

Der Kollege von Sylvia Hausmann bleibt noch stärker an der Oberfläche. Er scheint ruhig seinen Job zu machen, verlässlich, aber unauffällig.

 

\*\*\*e) Andreas von Bülow (der Mörder)

Nach Lara hat Andreas von Bülow wohl den zweitgrößten Anteil an der Geschichte. Schon recht früh in der Erzählung wird er mit Namen genannt. Die Autorin Hanna Winter geht hier aber chronologisch vor, die Leser lernen ihn als jungen Mann kennen, der einen Hass auf braunhaarige, kleine Frauen entwickelt und diese dann mit einem Tranchiermesser ermordet.

Später dann – wer nicht zu viel erfahren möchte, sollte jetzt zum nächsten Absatz wechseln – erfährt man, dass Andreas als Kind den Tod seiner Eltern miterlebt hat. Der Vater kam mit einer Geliebten (die genau dem Beuteschema der später von Andreas ermordeten Frauen entspricht) nach Hause, die beiden hatten Sex. Dann kam Andreas Mutter zurück, es kam zu einem Streit zwischen Vater und Geliebter, die Frau erstach den Vater, die Mutter stürzte und starb ebenfalls. Als Andreas die Frau auffinden wollte, erfuhr er, dass sie bereits tot war – und begann dann Rache an Frauen des gleichen optischen Typs zu nehmen ...

 

\*\*\*f) Frank Burlacher (Laras neuer Freund)

Frank ist Erbe einer Pension und Laras neuer Partner. Lara hat ihm nichts von dem Mordversuch des Trancheurs verraten, er kennt sie nur als Karoline Wöhler, so ihr neuer Name im Zeugenschutzprogramm. Frank erscheint als guter Rückhalt für Laras neues Leben.

 

\*\*\*g) Arne (Franks Cousin)

Franks Cousin Arne wirkt zwielichtig. Er behauptet, mit einem Katamaran nach Rügen gekommen zu sein. Auch er stammt – wie Lara ursprünglich – aus Berlin.

In einigen Momenten scheint Arne vertrauenswürdig, in anderen scheint er Gefahr zu bringen.

 

\*\*\*h) Torben Landsberg (Gerichtsmediziner und Laras schwuler Freund)

Nach der Trennung von ihrem Mann Rafael (zu Beginn der Geschichte) ist Torben die starke Schulter, an die sich Lara anlehnen kann. Torben ist ein echter Freund, allerdings kein möglicher neuer Mann an Laras Seite, da Torben schwul ist. Er gibt ihr zur Einweihung des Cafés den Elektroschocker, Dank dessen Lara dem Trancheur entkommen kann.

Als Lara sechs Jahre später um Hilfe bittet, kommt Torben sofort. Doch auch er wirkt auf mich etwas undurchschaubar.

 

 

4. Die Geschichte

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Da ist zunächst die Einweihung von Laras neuem Café. Ihr Ex ist dabei, aber auch Torben, und dann ist da noch ein neuer Kellner, der Lara anmachen will, den sie aber hochkant raus schmeißt.

Vor der Tür wartet im Taxi ein Mann mit Red Sox Baseballkappe. Es ist der Trancheur, ein Frauenmörder, der seine Opfer mit einem Tranchiermesser aufschneidet. Und Lara soll nach seinem Willen die nächste Tote werden. Er sorgt dafür, dass ihr Wagen nicht fahrtüchtig ist, bietet ihr dann in seinem Taxi eine Fahrt nach Hause an. Als Lara merkt, dass der Mann nicht zu ihrer Adresse fährt und böses im Sinn hat, als er sie mit seinem Messer an der Schulter verletzt, gelingt es ihr, mit Hilfe des Elektroschockers sich zu wehren und zu entkommen.

Die Ermittler Sylvia Hausmann und Magnus Kern ahnen, dass sich der Trancheur damit nicht zufrieden geben wird und dass Lara weiterhin in Lebensgefahr ist. Sie bieten Lara an, ins Zeugenschutzprogramm zu gehen und eine neue Identität anzunehmen. Lara ist schon fast zum Aufbruch bereit, will nur noch die Tochter beim Ex abholen. Die Beamten wollen sie eigentlich gar nicht in die Wohnung des Ex-Mannes gehen lassen. Doch Lara besteht darauf und sieht ihren toten Ex, dessen neue Freundin und auch ihre schwerstverletzte Tochter Emma.

Sechs Jahre später haben Lara und Emma ein neues Leben auf Rügen. Lara heißt jetzt Karoline Wöhler (wird von der Autorin aber immer noch Lara genannt). Emma ist seit dem Überfall stumm. Aber sie ist eine begeisterte und erfolgreiche Reiterin – zu Laras Sorge, wurde sie selbst, Lara, aufgrund von Emmas Erfolg sogar von einer Fernsehreporterin interviewt. Was, wenn der Trancheur das Bild der optisch veränderten Lara im Fernsehen sieht?

 Lara hat in dem Pensionsbesitzer Frank Burlacher eine neue Liebe gefunden. Arne, ein Cousin von Frank, überrascht die Familie, Lara merkt, dass die beiden Männer nicht die engste Beziehung haben. Dann erhält Frank einen Anruf: Seine Mutter liegt im Sterben, er bricht a

In seiner Abwesenheit geschehen unheimliche Dinge. Lara nimmt einen Mann mit, der plötzlich verschwindet. War es der Trancheur? Dann findet Lara eine Red Sox Mütze – mit Blutspuren. In ihrer Not schaltet sie Torben, ihren alten schwulen Freund ein, mit dem sie aufgrund des Zeugenschutzprogramms eigentlich keinen Kontakt mehr haben sollte. Torben kommt sofort.

Dann geschieht ein Mord. Und nun meldet sich Lara auch bei Sylvia Hausmann. Die Hauptkomissarin kommt zusammen mit ihrem Kollegen Magnus Kern auf die Insel.

Und auf Rügen scheint auch der Trancheur zu sein. Die Lage für Lara wird immer unheimlicher und gefährlicher. Die Spannung steigt, da man auch als Leser zwar verschiedene Mutmaßungen hat, aber nicht die geringste Ahnung, wer wirklich der Trancheur sein könnte ...

Parallel zu dieser Handlung erzählt Hanna Winter auch die Geschichte von Andreas von Bülow. Sie erzählt, wie er seinen ersten Mord begangen hat, wie er immer wieder tötete. Anders als meine kurze Beschreibung, bleibt Hanna Winters Erzählung nicht an der Oberfläche. Auch wenn man als Leser Andreas von Bülows Handeln mit Abscheu betrachtet, so hat das psychologische Moment, die Frage, was Andreas zu seinen Untaten treibt, doch eine Bedeutung.

 

 

5. Themen

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\*\*\*a) Rache

Genau hier wären wir bei dem großen Thema der Geschichte, das sich im Laufe der Geschichte so richtig deutlich zu Tage tritt: Rache. Wieder gilt: Wer sich die größtmögliche Spannung aufrecht erhalten möchte, sollte diesen Absatz überspringen

Andreas von Bülow mordet auch, aber nicht nur aus Blutdurst. Als Kind musste er miterleben, wie seine Eltern starben – offenbar ermordet durch die Geliebte seines Vaters, eine Nutte, wie Andreas fand. Da er seine Eltern nicht rächen konnte – die Frau war schon tot, als er ihren Namen heraus fand – sollten andere Frauen, die dieser „Nutte“ ähnlich sahen, daran glauben.

 

\*\*\*b) Angst

Angst ist das, was die Sogwirkung dieser Geschichte ausmacht. Die Autorin erzeugt – nach ungefähr einem Drittel der Handlung, eine permanente Sorge um Lara. Es ist wahrscheinlich, dass der Trancheur Lara trotz des Zeugenschutzprogramms ausfindig gemacht hat. Sie hat Angst (ohne dabei zu panisch zu werden) und als Leser fragt man sich mit ihr, wer der Frauenmörder ist und ob es ihm gelingt, den Titel des Romans „Stirb“ in die Tat umzusetzen.

 

 

6. Erzählweise

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Zur Erzählweise fallen mir mehrere Dinge ein. Da ist zum einen die Vergangenheitsform, die die Autorin Hanna Winter benutzt. Sie sorgt bei mir anfangs dafür, dass mir die Geschichte zu weit weg erscheint. Dadurch wurde das Lesen für mich etwas mühsam.

Der zweite charakteristische Punkt der Erzählweise sind die verschiedenen Zeitebenen, die Winter nutzt. Da ist nicht nur der Beginn, der sechs Jahre vor der eigentlichen Handlung spielt, da ist auch ein großer Rücksprung um rund 30 Jahre zu den Anfängen der Mordtaten des Trancheurs. Wie schon erwähnt, gelingt es Winter, diese unterschiedlichen Zeitebenen gut zu strukturieren, so dass man als Leser von den Wechseln in Ort und Zeit nicht ausgebremst wird.

 

 

7. Zielgruppe

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Wer gute Kirmis/Thriller mag, wird sicher auch „Stirb“ gerne verschlingen. Tendentiell würde ich sagen, dass Frauen stärker zur Zielgruppe gehören als Männer, da mit Lara und mit Sylvia Hausmann zwei weibliche Figuren einen großen und starken Part der Geschichte einnehmen.

 

 

8. Daten zum Buch

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Hanna Winter - Stirb

Taschenbuch: 352 Seiten

Verlag: Ullstein Taschenbuch (12. August 2011)

ISBN-10: 3548283446

ISBN-13: 978-3548283449

 

 

9. Pro & Contra

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Pro:

- Spannung

- gute Figuren

 

Contra

- Anfang ist etwas mau

- Erzählweise

 

 

10. Fazit

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Die Leseprobe von „Stirb“ war reizvoll: Ein Krimi-Thriller einer deutschen Autorin, zwar grundsätzlich nach dem Motto: Es geht los mit einer Mordstat, aber mit der nicht ganz üblichen Wendung, dass der Mord nicht gelingt. Doch nach diesem Auftakt nahm der neue Hanna-Winter-Roman zunächst für mich nicht so recht an Fahrt auf. Die Erzählweise in der Vergangenheitsform machte die Geschichte für mich etwas sperrig. Vielleicht lag es auch daran, dass ich zuvor Romane auf Englisch gelesen hatte.

Doch nach dem mauen Auftakt wartete Hanna Winter durchaus mit Spannung auf. Die Figuren waren aus meiner Sicht interessant, vor allem reizvoll war und ist aber, dass man als Leser zwar mutmaßt, aus welcher Richtung die Gefahr kommt, aber mit seinen Ahnungen fast nur daneben liegen kann.

Insgesamt kann ich „Stirb“ daher sehr gerne als spannende Lektüre für Freunde von Kirmis und Thrillern empfehlen.