narrendes Prisma

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Narrendes Prisma


Gerade in einer Zeit der Unentschiedenheit, des Stillstands, erreicht Max Schmeling, erfolgreicher, doch im Stillstand befindlicher Schriftsteller, der Brief eines ehemaligen Schulkameraden, Tibor, mit dem Appell an Maxens Menschlichkeit. Tibor, der nur noch einige Zeit zu Leben hat, bittet Max um seine Hilfe, weil dieser ihm noch einen Gefallen schuldet. Tibor möchte in seinen letzten Tagen seine Tochter wiedersehen und Max soll dies bewerkstelligen. Dies klingt machbar und damit Max Kenntnis bekommt von der Situation, die ihm bevorstehen soll, übergibt Tibor ihm seine Lebensgeschichte, schriftlich, zum besseren Verständnis. Und dann gibt es kein Zurück mehr. In der Gegenwart erzählt, beginnen wir mit Max den Weg, eine Schuld zu tilgen, um verwandelt daraus hervorzugehen. Die unglaubliche Geschichte setzt sich zusammen aus Max Schmelings (Pseudonym) Erzählung, Tibors aufgezeichneter Lebensgeschichte und Paula Polanskis (Pseudonym), Erzählung. Max und Paula berichten im Präsens,
Tibor scheint der vom Leben bestrafte, Max der Erfolgreiche. Paulas Ehre soll wiederhergestellt werden.
Eine Geschichte, in der hinters Licht geführt wird. die langsam beginnt, doch später - leider erst im letzten Drittel - mit rasanten Wendungen und einem überraschenden Schluß belohnt.
Hakan Nesser läßt sich Zeit, wir werden mit ausführlich beschriebenen Rückblenden bedacht, die in der Jugend, dem prägenden Zeitabschnitt, zurückführen, dorthin, wo Max noch "Storchi" hieß und Tibor hinter seinem Rücken "Scheißhaufen" genannt wurde."Das Leben hat sich nicht so entwickelt, wie wir es uns einst vorgestellt haben", schreibt Tibor Schittkowski und lockt damit Max, der einem Sterbenden und offensichtlich vom Leben bestraften, eben dem "Scheißhaufen", für den letzten Gefallen behilfich werden soll. Doch die Geschichte entpuppt sich nicht so, wie Max - und der Leser - es sich gedacht haben. Die Vorstellung weicht einer überraschenden Lebensgeschichte Tibors.
Mein Vorschlag für das im Roman genannte Anagramm: Pirmasen/Randers ist
„ narrendes Prisma“: Die Täuschung, die den Samen der Geschichte legt, wird, wiederum durch eine Täuschung, gesühnt. Was ist wahr, was ist Schein? Während wir uns noch diese Frage stellen, ändert sich die Perspektive auch in Bezug auf die Protagonisten.

Was ist wahr, was ist Schein?
„I like to believe I am based on a true Story“- „Ich möchte gerne glauben, ich beruhe auf einer wahren Geschichte“ – sagt Archie Moore auf dem Deckblatt.
Ist es so?

Wir nehmen es wie der Narr mit Humor und freuen uns über eine große und raffinierte
Unterhaltung - wie immer bei Hakan Nesser : nachhallend schmunzelnd und zutiefst menschlich, mit der bekannten Portion Philosophie.