Mehr Sachbuch als Roman

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suse9 Avatar

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"In L.A., der eigentlichen Hauptfigur, spiegeln Fakten und Fiktion einander im Rhythmus von Geschichte und Gegenwart, von Illusion und Liebe und Gewalt" - heißt es im Klappentext zu "Strahlend schöner Morgen", und das ist sehr treffend beschrieben.

James Frey schildert das Leben in L.A. mit eingängigen oft sehr kurzen Sätzen, die die Gefahr, in der die Protagonisten schweben, sehr gut hervorheben. Denn das Gefühl weckt der Autor in mir: Jeder in L.A. schwebt in Gefahr - vor Gewalt, Armut, Obdachlosigkeit, zerstörten Träumen, nicht erwiederter Liebe. James Frey hebt Maddie und Dylan, Old Man Joe, Amberton und Casey sowie Esperanza und Doug aus der Masse der Glücksuchenden heraus und beschreibt ihren Weg näher, lässt uns an ihrem Streben nach Erfolg, Glück, Macht und Liebe teilhaben. Diese Geschichten lesen sich sehr spannend und fesselnd. Ich nahm Anteil an ihrem Leben und war teilweise schockiert sowie gerührt. Würden in diesem Roman lediglich die Schicksale der genannten Figuren behandelt werden, wäre es ein realistischer, bewegender geworden.

Jedoch fügt der Autor immer wieder Fakten über L.A. ein. Ganze Kapitel lesen sich wie ein Reiseführer, Stadtplan oder Geschichtsbuch von und über L.A. Die Aufzählungen von Straßenzügen, Gangmitgliedern, Straftaten und gestrandeten Glücksrittern haben mich sehr ermüdet und letztendlich überblätterte ich diese nur noch. Ich bin kein Freund von Sachbüchern, und Reisebücher lese ich nur, wenn ich vorhabe, die Gegend zu besuchen. Aber ich werde das Gefühl nicht los, dass der Autor mit ständig zuruft: "Meide L.A., denn hier gibt es nur Gewalt und Leid."  Darüber kann mich auch eine glückliche ausgegangene Geschichte nicht hinwegtäuschen.

Alles in allem hat mich "Strahlend schöner Morgen" wider Erwarten sehr deprimiert und L.A. ist vor mir sicher.