Schuld und Sühne im Cyberage?
Wie farbig kann ein grauer russischer Novembertag sein? Eigentlich im depremierenden grau-in-grau, doch der Autor schafft es, so lebendige Bilder zu schaffen, dass ich als Leser die Heimkehr von Ilja nach sieben Jahren Strafkolonie weit im Osten Russlands vor dem inneren Auge nicht nur sehen, sondern riechen und spüren kann. Allein schon die Stimmung, die Ilja spürt, als er in Moskau aus dem Zug steigt, noch erwartungsfroh, begierig auf die Heimkehr zur Mutter. Und dann sind sie da, die Polizisten, "Bullen mit Schäferhundblick" - da wird es in wenigen Worten ganz atmosphärisch dicht. Die Heimkehr zur Mutter, die Vorfreude auf die Kohlsuppe enden aprupt: Die Wohnung ist leer, eine Nachbarin berichtet, die Mutter sei an einem Herzinfarkt gestorben, kurz nachdem Ilja ihr telefonisch seine Rückkehr angekündigt hat. Es ist wie ein Sturz ins Bodenlose. Schon die ersten Seiten überzeugen mit einer kraftvollen, bildhaften Sprache und auch der Plot - Ilja tötet den Polizisten, der ihn unschuldig ins Gefängnis gebracht hat und lebt dann digital dessen Existenz weiter - klingt viel versprechend. Ich bin sehr gespannt, wie es weiter geht.