Rivalen, Freunde, Liebende?!

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justm. Avatar

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Ich gebe zu, daß ich zu Beginn des Buches ein wenig befürchtet habe, daß die Figur der Protagonistin zu sehr in den Vordergrund gestellt werden würde.
Glücklicherweise ist das nicht der Fall. Ja, die Tatsache, daß Allison dick ist, wird mehr als ein Mal angesprochen, aber - ganz im Gegensatz zu anderen Geschichten - ist das nicht ihr Alleinstellungsmerkmal. Nein, Allison ist clever und arbeitet konzentriert daran ihren Platz an der Uni zu finden. Dumm nur, daß ihr Ex Colin auftaucht und ihr Leben plötzlich auf den Kopf stellt. Und so ist ihre Figur nicht Haupt-Thema, sondern lediglich ein Teil der Geschichte, in der es um so viel mehr geht.

Ich denke, die Tatsache, daß Autorin Jenny L. Howe selbst übergewichtig ist, half hier sehr, nicht in irgendwelche Klischeefallen zu tappen. Auch ihr Wissen über Uni-Arbeit und mittelalterliche Literatur spiegelten sich im Buch wieder.

Ebenso kommen aber auch Themen wie fragile und toxische Männlichkeit, fat- und bodyshaming im Allgemeinen, komplizierte Eltern-Kind-Beziehungen, aber auch so Dinge, wie das Verändern von Freundschaften, wenn sich die individuellen Lebensumstände ändern, zur Sprache.
All das "passiert" neben der eigentlichen Liebesgeschichte, die die tropes "Rivalen zu Liebenden" und "zweite Chance" vor akademischen Hintergrund bedient.
Und obwohl das ziemlich viel erscheint, bekommen alle Themen ihren Raum, gehen weder unter, noch nehmen sie Überhand. Etwas, das ich so gut gelungen, sonst eher selten in Büchern sehe.

Überhaupt schaffte es Howe die ganze Klaviatur an Gefühlen bei mir zu bespielen: ich hab gegrinst, gelacht, habe einige Tränen vergossen und war an einer Stelle zum Ende der Geschichte hin so wütend, daß ich nicht nur geflucht habe, sondern das Buch auch erstmal bei Seite legen mußte, um mich abzuregen.

Und dabei gab es vorher schon "Aufreg-Potential": es wird unnötig gelogen und ein Mal mehr zeigt sich, daß es helfen würde, wenn zwei Menschen einfach nur mal miteinander reden würden.

Dennoch oder vielleicht gerade deswegen: Die Geschichte hatte mich schnell in ihrem Bann. Ich bin gut in einen Lesefluß gekommen und die Seiten flogen nur so vorbei.

Für mich war "The Love Test" eine überraschend kurzweilige Geschichte (trotz "Ausflügen" ins Mittelalter - die absolut nicht meins waren), die mich nicht nur unterhalten hat, sondern auch gern über Schwächen in der eigentlichen Liebesgeschichte hat hinwegsehen lassen.